Deutschland

Debatte um Leihmutterschaften entbrannt

Geht es nach dem obersten Vertreter der Standesbeamten, sollten Leihmutterschaften in Deutschland nicht mehr tabu sein. Die Politiker sind dagegen.

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Professor Karl Lauterbach von der SPD will beim Thema Leihmutterschaft nicht an der Gesetzeslage rütteln.

Professor Karl Lauterbach von der SPD will beim Thema Leihmutterschaft nicht an der Gesetzeslage rütteln.

© Maurizio Gambarini/dpa

BERLIN. Der Fall eines behinderten Jungen, der von den "Bestelleltern" nicht bei der thailändischen Leihmutter abgeholt wurde, zieht Kreise auch in Deutschland.

Der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Standesbeamten, Jürgen Rast, hat aus humanitären Gründen für eine Legalisierung der Leihmutterschaft hierzulande plädiert. Wenn Leihmutterschaft, so Rest weiter, "zum Geschäft ausartet, dann ist es strikt abzulehnen".

In Deutschland ist die Vermittlung von Leihmüttern verboten, das Embryonenschutzgesetz verbietet es Ärzten zudem, Leihmutterschaften zu betreuen. Befürworter der strengen Regelungen in Deutschland argumentieren, Leihmutterschaft sei gar nicht anders zu denken denn als Geschäft.

Der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe verwies dazu auf im Internet verfügbare Verträge für Leihmutterschaften: "Leihmutter-Verträge behandeln nicht nur die bestellten Kinder als Ware, sondern nutzen die wirtschaftliche Situation im Ausland lebender Leihmütter aus." Hüppe regte eine Prüfung an, "ob im deutschen Recht ein Verbot ausländischer Leihmutterschaften verankert werden kann".

Im vorliegenden Fall soll die thailändische Leihmutter 10.000 Euro erhalten haben. Die australischen Eltern hätten das Kind mit Trisomie 21 und einem Herzfehler aber bei seiner leiblichen Mutter zurückgelassen.

Der SPD-Gesundheitsexperte Professor Karl Lauterbach sprach von einem "krassen Einzelfall". "Das hat für uns keine Bedeutung. Es sollte uns nicht zu einer Veränderung der Rechtslage veranlassen", sagte er den "Dortmunder Ruhr Nachrichten". Gleichlautend hatte sich zuvor der Vorsitzende des Bundestags-Familienausschusses, Paul Lehrieder (CSU) geäußert.

Dessen ungeachtet beschäftigen sich deutsche Standesbeamte bereits seit Jahren mit dem Thema Leihmutterschaft und fordern Änderungen im Familienrecht. Sie verweisen auf eine hohe Dunkelziffer von Fällen der Leihmutterschaft.Im deutschen Personenstandsgesetz sind in den Paragrafen 21 und 36 die Voraussetzungen einer Nachbeurkundung für eine im Ausland erfolgte Geburt eines deutschen Staatsangehörigen geregelt.

 Vorgeschrieben ist dabei grundsätzlich die Eintragung "der Eltern"."Wunscheltern" eines von im Ausland von einer anderen Frau ausgetragenen Kindes wollten immer häufiger dieses in das deutsche Personenstandsregister eintragen lassen, hieß es 2012 bei einer Fachtagung des Bundesverbandes der Deutschen Standesbeamten im osthessischen Salzschlirf.

Viele Länder "großzügiger" bei Leihmutterschaften als Deutschland

Bisher müssten Standesbeamten eine solche Eintragung verweigern und auf den Ausweg einer Adoption verweisen. Zwar sei die Leihmutterschaft wie in Deutschland beispielsweise auch in Frankreich, Italien, Portugal, Norwegen, Österreich und er Schweiz verboten, wurde bei der Tagung berichtet.

Eine wachsende Zahl von Ländern sei demgegenüber "großzügiger" als das deutsche Recht. Genannt wurden bei der Tagung die Niederlande, Belgien, Großbritannien, Griechenland, Russland, Ukraine und weitere Nachfolgestaaten der Sowjetunion.

In mehreren der genannten Ländern ist die Leihmutterschaft vor allem dann geduldet, wenn sie unentgeltlich erfolgt.Legalisierung der Leihmutterschaft auch in Deutschland? Bei der Jahrestagung des Deutschen Ethikrats im Mai in Berlin zeigte sich die Juristin Ulrike Riedel skeptisch.

Riedel, die Mitglied des Ethikrats ist, warnte, eine Legalisierung der Leihmutterschaft würde tiefgreifende Änderungen im Abstammungsrecht und Familienrecht sowie im Staatsangehörigkeits- und Personenstandsrecht erforderlich machen.

 Zudem müsste dann das Recht auf Kenntnis der biologischen Abstammung sowohl von der genetischen Mutter als auch von der Leihmutter geregelt werden, so Riedel. (fst, mit dpa-Material)

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.08.201412:45 Uhr

unter Kollegen, auch wenn es sich um Australier (Eltern) und eine Thailänderin (Leihmutter) handelt,

was uns kein Recht gibt, uns da irgendwie einzumischen:
Hier haben offensichtlich "Reproduktionsmediziner" schlechte Arbeit geleistet.
Trisomie 21, also die mit Abstand häufigste Form der Polyploidie gehört nun ausgerechnet zu den ganz wenigen "Erbschäden", die schon in der Eizelle erkannt werden können (Polkörperchendiagnostik)
und wenn man schon darauf verzichtet, was auf Grund der Seltenheit und der natürlichen Abstoßung bei Polyploidie durchaus akzeptabel ist, dann sollte diese Störung spätestens in der Schwangerschaft frühzeitig erkannt werden, was dann eine akzeptable Begründung für einen Abbruch der Schwangerschaft darstellt.

Deshalb muss das Leihmutter-Prinzip nicht infrage gestellt werden.
Dass der linke Herr Professor Lauterbach tatsächlich erfolgreich Medizin studiert hat,
ist an seinen Ratschlägen beim besten Willen nicht erkennbar. Er will "Medizin" immer nur einschränken und damit auch den angeblich freien Bürger entmündigen.

Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.08.201409:47 Uhr

"Geschäft" und "Kinder kriegen" ist alles andere als ein Widerspruch! bitte nicht heucheln!

Abgesehen von der nicht kleinen Gruppe von (alleinstehenden) Müttern in Deutschland die keiner (anderen) Erwerbstätigkeit nachgehen,
wissen alle Eltern und Väter, dass Kinder Geld kosten.
Aller "Reklame" des Staates über die grundgesetzlich vorgeschriebene Unterstützung der Familie zum Trotz, zahlt die Familie mit Kind mehr Steuern (Kopfsteuer) als die Familie ohne Kind, zuletzt als steuerliche Ungleichbehandlung gebrandmarkt und als bisher unerfüllter Auftrag für den "Staat" festgestellt vom Bundesverfassungsgericht 1998 (BVerfG, 2 BvL 42/93 vom 10.11.1998, Absatz-Nr. (1 - 83)
Sicherlich auch ein messbarer Grund für die geringe Geburtenrate.
Abtreibung auf AOK-Kosten ist ja dagegen offensichtlich gesellschaftlicher Konsens.
Einer Frau aufzuerlegen, dass sie ein "fremdes" Kind ohne jede finanzielle Entschädigung auszutragen hat,
ist daher eine arge Zumutung, egal wie man das als Fachmann biologisch beurteilt.
Dahinter scheint sich eher die Fratze der Kinderfeindlichkeit zu verstecken,
die in Deutschland in vielfältiger Weise unter dem Deckmantel anderer Formulierungen präsent ist,
siehe Verfassungsgericht 1998.



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