Medizinethik
Hessen startet ambulante Ethikberatung
In Kliniken bereits Alltag, in Praxen oft vergeblich gesucht: eine Ethikberatung. In Hessen soll ab September ein Verein helfen. Der Bedarf ist groß, schätzt die Kammer.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Auch Ärzte in der ambulanten Versorgung sollen in Hessen künftig die Möglichkeit erhalten, bei ethisch schwierigen Themen eine Beratung in Anspruch zu nehmen. Dazu hat sich nun der Verein "Ambulante Ethikberatung in Hessen" gegründet. Ab Herbst werden die Berater ihre Tätigkeit aufnehmen, die Landesärztekammer Hessen (LÄKH) wird den Verein mit einem Telefonanschluss zur Annahme und Vermittlung von Anfragen unterstützen.
An die Anlaufstelle dürfen sich laut LÄKH-Präsident Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach, der das Projekt schon 2012 initiierte, alle Betroffenen wenden: Ärzte, Pfleger, Patienten, Angehörige. Ziel sei es, Einzelfälle in ethisch schwierigen Themen - etwa Organspende oder Lebensende - mit der nötigen Neutralität zu betrachten.
Beratung dringend nötig
"Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass eine solche Beratung in der ambulanten Versorgung - und da nicht nur direkt bei den Ärzten - dringend nötig ist", erklärt von Knoblauch im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
"Während Ethikkommissionen in Krankenhäusern inzwischen ihren festen Platz haben, fehlen adäquate Angebote auf ambulanter Ebene", so der Kammerchef, der bei der offiziellen Vereinsgründung vergangene Woche zum ersten Vorsitzenden gewählt wurde. Bisher gibt es lediglich regionale Leuchtturm-Projekte wie das "Netzwerk ambulante Ethikberatung Göttingen", das im Oktober seine Arbeit aufgenommen hat (die "Ärzte Zeitung" berichtete).
Bisher haben sich in Hessen bereits 27 Personen zu ethischen Beratern qualifizieren lassen, darunter Ärzte, Pfleger, Juristen, Betreuer und Theologen. Als Grundlage für die Qualifizierung zum Ethikberater wurde das anerkannte Curriculum für stationäre Ethikkommissionen der Akademie für Ethik in der Medizin für den ambulanten Bereich angepasst.
Die ehrenamtlich Tätigen werden zunächst in den Pilotregionen Marburg-Biedenkopf als ländliches Beispiel und Frankfurt/Offenbach als Metropolregion tätig sein. Ziel ist es laut von Knoblauch jedoch, langfristig ganz Hessen abzudecken.
Dazu wird das Projekt wissenschaftlich evaluiert. "Weder in Deutschland noch international gibt es ausreichend Daten zur Ethikberatung in der ambulanten Behandlung", weiß Vize-Vereinsvorsitzende Kornelia Hoppi Götze, die für Marburg verantwortlich ist. Sie sieht die Initiative in ihrem umfassenden Design als Unikum in Deutschland: "Ein Projekt, das so viele verschiedene Perspektiven einbezieht, gibt es in dieser Form noch nicht."
Ärzte, die Interesse an einer Tätigkeit als
Ethikberater haben, erhalten per E-Mail an info@laekh.de weitere Informationen.