Ethikrat

Datenschutz-Konzept für Big Data

Statt der informationellen Selbstbestimmung schlägt der Rat das forschungsfreundliche Konzept der "Datensouveränität" vor.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:

BERLIN. Der Deutsche Ethikrat schlägt eine weitreichende Reform des Umgangs mit Gesundheitsdaten vor. In seiner am Donnerstag vorgestellten Stellungnahme "Big Data und Gesundheit – Datensouveränität als informationelle Freiheitsgestaltung" schlägt der Rat ein neues Regelungskonzept vor, das er als "innovationsoffen" beschreibt. Das geltende Datenschutzrecht orientiere sich an Datensparsamkeit und enger Zweckbindung. Dies jedoch sei in Zeiten von Big Data "dysfunktional".

Der Begriff Big Data bezeichnet den Umgang mit großen, quellenübergreifenden Datenmengen mit dem Ziel, Muster zu erkennen und daraus neue Einsichten zu gewinnen. Damit verbinden sich Hoffnungen auf stärker personalisierte Behandlungskonzepte oder neue Potenziale bei der Früherkennung von Krankheiten.

Das geltende Datenschutzrecht biete jenseits der einmaligen Einwilligung kaum Möglichkeiten, auf das weitere Schicksal der Daten Einfluss zu nehmen. Problematisch sei zudem, dass die Verknüpfung vielfältiger Daten die Möglichkeit der Re-Identifizierung einzelner Patienten erhöhe.

Vor diesem Hintergrund empfiehlt der Rat "Datensouveränität" als neues Konzept. Gemeint damit sei eine "verantwortliche informationelle Freiheitsgestaltung". Das Bundesverfassungsgericht hingegen hat 1983 in seinem "Volkszählungsurteil" das Grundrecht der informationellen Selbstbestimmung entwickelt. Die vom Ethikrat vertretene "informationelle Freiheitsgestaltung" gründet "in der Befugnis, selbst zu bestimmen, mit welchen Inhalten jemand in Beziehung zu seiner Umwelt tritt".

Zwar solle grundsätzlich in klinischer Praxis und Medizinforschung am Konzept der separaten Einwilligung eines Patienten in die Datennutzung durch Dritte festgehalten werden. "Wann immer möglich" sollten den "Datengebern" breitere Einwilligungsoptionen gegeben werden. Sie könnten dann nur einmalig oder aber für jede neue Datennutzung ihre Einwilligung erteilen – oder aber diese Frage an einen Treuhänder delegieren. Flankieren will der Ethikrat dieses Konzept durch verschiedene Schutzmechanismen: ein freiwilliges Datengütesiegel oder die Verpflichtung, eine Datenerhebung grundsätzlich rückgängig machen zu können.

Dem Ethikratmitglied Dr. Christiane Fischer gehen die Vorschläge zu weit. In einem Sondervotum plädiert sie dafür, am bisherigen Modell der strikten individuellen Zustimmung in eine Datennutzung festzuhalten.

Lesen Sie dazu auch: Big Data als Chance: Ethikrat will Datenschutz modernisieren

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