Anonyme Vorwürfe: Stiftung Organtransplantation unter Druck
Vetternwirtschaft und Verschwendung? Ein anonymer Brief sorgt bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) für Unruhe. Jetzt schaltet sich Gesundheitsminister Daniel Bahr ein. Er will die Wahrheit wissen und lässt die DSO unter die Lupe nehmen.
Veröffentlicht:Von Anno Fricke
BERLIN. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) muss sich in die Karten schauen lassen. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hat die Aufsichtsgremien aufgefordert, die gegen die Stiftung erhobenen Vorwürfe von "Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität" zu klären.
Am Donnerstag tagte der Stiftungsrat, dem auch die Bundesärztekammer, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen angehören.
Bereits am Montag hatten die Vorstände von DSO und Stiftungsrat die Anschuldigungen zurückgewiesen. Sie entbehrten jeder sachlichen Grundlage, hieß es in einer kurzen Mitteilung.
Verfasser werden DSO-Vorstand "Führungsstil nach Gutsherrenart" vor
Am Freitag vergangener Woche erreichte ein anonymes Schreiben den Gesundheitsminister, zahlreiche Vertreter von Krankenkassen sowie Ärzte in den Transplantationszentren.
Der oder die Verfasser des dreiseitigen Papiers, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt, werfen dem DSO-Vorstand "Führungsstil nach Gutsherrenart" und Verschwendung von Kassengeldern vor.
DSO erfüllt gesetztlichen Auftrag
Die DSO ist die bundesweite Koordinierungsstelle für Organspenden. Als solche erfüllt sie einen gesetzlichen Auftrag. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbandes erhält die DSO im laufenden Jahr dafür eine Organisationspauschale von 33,2 Millionen Euro.
8,2 Millionen davon sind für die Hauptverwaltung in Frankfurt bestimmt, 1,1 Millionen für die Kommunikationsabteilungen. In den kommenden Wochen stehen die Budgetverhandlungen für das kommende Jahr an, sagte die stellvertretende Sprecherin des GKV-Spitzenverbandes, Ann Marini, am Donnerstag.
Gesundheitsminister lässt Vorwürfe klären
Auch wenn sich der oder die Verfasser des Schreibens nicht aus der Deckung wagen, sind sie doch gehört worden.
Das Gesundheitsministerium habe den Präsidenten des Regierungsbezirkes Darmstadt - die in Frankfurt ansässige Stiftung unterliegt der Stiftungsaufsicht des Landes Hessen - und den Vorsitzenden des Stiftungsrates, Professor Wolf Bechstein aufgefordert, die Vorwürfe zu klären, teilte das Gesundheitsministerium mit.
Sondersitzung des Stiftungsrat
Dabei solle die sensible Wahrnehmung des Themas Organspende in der Öffentlichkeit berücksichtigt werden. "Wir brauchen Informationen", sagte eine Ministeriumssprecherin der "Ärzte Zeitung".
Die sollen auch dazu dienen, die Öffentlichkeit aufzuklären. Am Donnerstag trat der Stiftungsrat zu einer kurzfristig einberufenen "Sondersitzung" zusammen. Die Ergebnisse der Sitzung lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor.
Oranspendezahlen sind zurückgegangen
Die anonymen Schreiber stellen einen Zusammenhang zwischen den von ihnen behaupteten internen Organisationsproblemen der Stiftung und den aktuellen Organspendezahlen her. Die sind im ersten Halbjahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr um mehr als zehn Prozent gesunken.
Bis Ende Juni wurden 1861 Organe gespendet. Das waren 231 weniger als im ersten Halbjahr 2010. Die Stiftung bedauert den Rückgang der Spendezahlen, hält ihn aber für ursächlich noch nicht geklärt.
Lesen Sie dazu auch: DSO-Stiftungsrat schaltet Wirtschaftsprüfer ein