Organtransplantation

Prüfer sprechen von "Unzulänglichkeit" bei Dokumentation

Ein möglicher Fehler bei einer Hirntod-Diagnose in Bremerhaven wirft Fragen über das Prozedere bei der Hirntod-Feststellung und Organentnahme auf. Das betroffene Klinikum weist die Kritik zurück, die Deutsche Stiftung Organtransplantation schweigt.

Christian BenekerVon Christian Beneker Veröffentlicht:
Das Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven: „Das Haus trägt keine Verantwortung für den Abbruch“.

Das Klinikum Reinkenheide in Bremerhaven: „Das Haus trägt keine Verantwortung für den Abbruch“.

© Carmen Jaspersen/dpa

BREMERHAVEN. In einem Klinikum in Bremerhaven haben Ärzte wegen eines möglichen Fehlers bei der Hirntod-Diagnose die Organentnahme abgebrochen.

Die Patientin sei jedoch vor der Entnahme hirntot gewesen, betonte die zuständige Überwachungskommission für Transplantationen am Montagnachmittag.

Es habe "Unzulänglichkeiten in der Dokumentation" gegeben, die die Beteiligten verunsichert und zum Abbruch der Transplantation geführt hätten, so die Prüfkommission.

Die "Süddeutsche Zeitung" hatte zuvor von Fehlern bei einer Organtransplantation in einem Krankenhaus im Raum Bremen / Bremerhaven berichtet. Dabei handelt es sich um das Bremerhavener Krankenhaus Reinkenheide.

Offenbar sei der Hirntod der Patientin nicht vorschriftsmäßig festgestellt worden, so die "SZ".

Die Fehler seien möglicherweise auf ein Kommunikationsproblem bei der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) zurückzuführen, sagt nun Uwe Zimmer, Geschäftsführer der Bremer Krankenhausgesellschaft, der "Ärzte Zeitung".

Die DSO will sich derzeit nicht zum Thema äußern.

Mitteilung an die DSO

Die Patientin mit Schädelhirntrauma war nach Informationen der "Ärzte Zeitung" Opfer eines Verkehrsunfalls und Organspenderin.

Bei ihr wurde "aus medizinischen Gründen die Hirntod-Diagnostik eingeleitet, ohne dass zu diesem Zeitpunkt eine mögliche Organentnahme eine Rolle spielte", teilte dazu das Klinikum mit.

Zwei Ärzte des Hauses hätten unabhängig voneinander den Hirntod der Frau festgestellt. "Die schwerst verletzte Patientin war nach allen uns zur Verfügung stehenden Indikatoren eindeutig verstorben", erklärt Dr. Edith Kramer, Medizinische Geschäftsführerin des Klinikums.

Nachdem der Hirntod der Patientin diagnostiziert worden war, "bekam die DSO eine Mitteilung über den Fall, der anschließend in Verantwortung der DSO weiter betrieben wurde", so das Klinikum.

Darauf prüfte ein Koordinator der DSO die Hirntodfeststellung und bestätigte sie. Bis hierher lief der Prozess vorschriftsmäßig ab.

Was dann geschah, ist unklar. Das DSO-Entnahmeteam begann offenbar seine Arbeit und brach sie wenig später ab. Zimmer von der Krankenhausgesellschaft sagt: "Das Krankenhaus trägt in diesem Fall keine Verantwortung für den Abbruch der Op."

Reinkenheide ist ein Haus der Maximalversorgung und verfügt über eine Hauptfachabteilung für Neurochirurgie und eine Neurologie für Stroke Units. "Hier haben Fachleute den Hirntod festgestellt", so Zimmer. Damit dürfte der Ball im Feld der DSO liegen.

Doch die Stiftung schweigt einstweilen. Birgit Blome, Sprecherin der DSO, erklärte: "Für uns ist das Wichtigste, dass die Organspenderin wirklich hirntot war. Zu weiteren Einzelheiten werden wir uns erst äußern, wenn der Abschlussbericht der BÄK vorliegt."

Dieser werde nach den Gesprächen mit den Beteiligten vorgelegt, hieß es.

Kritik an Hirntod-Feststellung

Unterdessen kritisierte der Wilhelmshavener Transplantationsmediziner, Professor Gundolf Gubernatis, die Praxis der Hirntod-Feststellung in Deutschland.

Viele Ärzte, die mit dieser Aufgabe betraut sind, seien dazu nicht genug ausgebildet, so Gubernatis zur "Ärzte Zeitung".

Um die Qualifikation der Ärzte zu erhöhen, forderte er in einem Schreiben an die Bundesärztekammer bereits 2014, die Zusatzbezeichnung "Hirntod-Diagnostik" einzuführen. Bisher habe die Kammer nicht reagiert.

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