Demenz: Einbahnstraße Klinik
Experten sind sich sicher: Die Zahl der Demenzkranken wird in den nächsten Jahren steigen. Doch gerade die Kliniken sind darauf offenbar nicht vorbereitet: Ein Aufenthalt kann die Demenz sogar verschlimmern.
Veröffentlicht:KÖLN (iss). Kliniken sind immer noch nicht auf die Behandlung von Demenzpatienten eingestellt. Nach einer Studie der Universität Witten/Herdecke (UWH) gibt es sowohl im pflegerischen als auch im medizinischen Bereich Defizite.
"Für diese Patienten mit kognitiven Störungen wird der Aufenthalt zu einer Einbahnstraße in ein Pflegeheim, weil die Untersuchungen und Behandlungen die Verwirrung weiter steigern können", sagt Professor Ingo Füsgen vom Lehrstuhl für Geriatrie der UWH.
"Man kann von einer nicht bedarfsgerechten Versorgung sprechen." Basis der Untersuchung war die Befragung von 133 Pflegedirektionen bundesweit.
Der inadäquate Umgang mit den Patienten führt nach der Auswertung nicht nur zu einer schlechten Versorgung, sondern auch zu unnötigen Kosten.
Angehörige einbeziehen
Als Konsequenz aus der Untersuchung fordert Füsgen spezielle Weiterbildungen für Ärzte und Pflegende, die Erfassung des Risikopotenzials schon bei der Aufnahme und die Anpassung in der Stellenausstattung der Kliniken und bei den Fallpauschalen.
Rückmeldungen von Angehörigen bestätigten nach Angaben der Deutschen Alzheimer Gesellschaft die Einschätzung des Geriaters.
Sprecher Hans-Jürgen Freter nennt typische Probleme: Die Patienten müssen lange in der Aufnahme warten, was ihre Verwirrung steigert, und bei den Abläufen auf der Station wie der Essensausgabe wird auf ihre besondere Situation keine Rücksicht genommen.
Freter unterstützt die Forderungen von Füsgen. "Darüber hinaus wünschen wir uns eine stärkere Kooperation mit den Angehörigen."
Sie könnten den Kliniken wichtige Informationen zum Umgang mit den Demenzkranken liefern.
Verbesserungen bei der stationären Versorgung ließen sich nach Einschätzung der Deutschen Alzheimer Gesellschaft auch erreichen, wenn bei dieser Patientengruppe den Angehörigen ein "Rooming in" ermöglicht würde.