Entbürokratisierung

Wie will die Regierung die Pflegedokumentation entschlacken?

Die Regierung feiert das Projekt zur Verschlankung der Bürokratie in der Pflege als Erfolg. Kritik gibt es derweil für ein anderes Element der Pflegereform.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Gegen Bürokratie: Oft ist Pflegepersonal auf die Straße gegangen, nun wird die Entbürokratisierung Realität.

Gegen Bürokratie: Oft ist Pflegepersonal auf die Straße gegangen, nun wird die Entbürokratisierung Realität.

© Jaspersen / dpa

BERLIN. Als erfolgreichstes Entbürokratisierungsprojekt der großen Koalition hat Gesundheitsstaatssekretär Karl-Josef Laumann (CDU) die Entschlackung des Dokumentationsaufwands in der Pflege bezeichnet. "Das Projekt ist dabei, zur Regel zu werden", sagte Laumann am Montag bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa) und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege. Es halte nun eine neue Art der Dokumentation Einzug, die die Pflegekräfte in ihrer Fachlichkeit Ernst nehme. Von einer "Bürokratievollbremsung" sprach bpa-Geschäftsführer Bernd Tews.

Knapp zwei Fünftel aller Pflegeeinrichtungen beteiligen sich 20 Monate nach dem Start der Entbürokratisierungskampagne an dem Projekt, berichtete Laumann. Das seien in Zahlen 4600 ambulante Pflegedienste und 5200 Heime. Laumann kündigte an, das Projekt bis zum Ende der Legislaturperiode fortzuführen und nun auch die Kurzzeit- und Tagespflege einzubeziehen. Zwischen September und Dezember sollen 40 Tagespflege- und 15 Kurzzeitpflegeeinrichtungen die schlankere Dokumentation im Alltag testen und die Schnittstellenprobleme zur ambulanten und stationären Pflege identifizieren.

Rund 30 Prozent Dokumentationsaufwand lassen sich nach den bisherigen Erfahrungen mit dem neuen System einsparen. Nur die besonderen Ereignisse sollen festgehalten werden, was sich im Tagesablauf wiederholt nicht. Je Pflegefachkraft werden so, rechnen die Fachleute vor, zwischen 20 und 40 Minuten am Tag für den unmittelbaren Kontakt zwischen Pflegenden und Gepflegten freigesetzt. Dies werde von den Mitarbeitern der Pflegeeinrichtungen als befreiend wahrgenommen.

"Die Dokumentation wird wieder als sinnvolles Arbeitsinstrument wahrgenommen, das den fachlichen Austausch fördert", sagte Brigitte Döcker von der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Der bpa und die Freie Wohlfahrtspflege haben die Anstrengungen bislang mit rund sieben Millionen Euro unterstützt.

Die Leiterin des Koordinierungsbüros, Elisabeth Beikirch, warnte vor Rückschritten durch die Einführung des neuen Pflegebegriffs. Auch unter den Bedingungen des neuen Begriffs, der ab Januar die bisherigen drei Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzen soll, lasse sich die schlankere Dokumentation durchsetzen.

Gesetzliche Regelungen über die Einbeziehung der Kommunen in die Pflegereform sind auf Kritik in den Betroffenenverbänden gestoßen. Das Gesetz sei enttäuschend, hat das Selbsthilfenetzwerk "Pro Pflege" am Montag den Abgeordneten des Bundestags übermittelt. Mehr Beratung, wie das Pflegegesetz III sie vorsehe, werde nicht benötigt. Es reiche, wenn die Kassen ihrer Beratungspflicht nachkämen. Pflegestützpunkte seien überflüssige "behördliche Strukturen". Wichtiger sei die Umsetzung des Grundsatzes "ambulant vor stationär" durch den Einsatz professioneller Kümmerer in den Kommunen.

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