Bundesrat

Länderkammer stimmt Pflegeberufegesetz ohne Begeisterung zu

Pflegeberufe, Personaluntergrenzen im Krankenhaus, Samenspenderregister: Die Länderkammer hat mehrere Gesetze des Bundestags passieren lassen. Doch zwei Gesetze haben die Länder aufs Abstellgleis gesetzt.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Eine Pflegeschülerin übt in einer Altenpflegeschule an einer Mitschülerin das Drehen einer Person im Bett.

Eine Pflegeschülerin übt in einer Altenpflegeschule an einer Mitschülerin das Drehen einer Person im Bett.

© Büttner/dpa

BERLIN. Der Bundesrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause ein Mammutprogramm absolviert und mehrere gesundheitspolitische Gesetze absolviert:

- Pflegeberufegesetz: Bei anhaltender Kritik hat die Länderkammer dem Pflegeberufegesetz zugestimmt. Es führt die bisher getrennt geregelten Pflegeausbildungen zusammen. Nach langer Diskussion hat sich die Koalition auf eine zweijährige gemeinsame, generalistisch ausgerichtete Ausbildung geeinigt. Im dritten Jahr ist eine Spezialisierung möglich. Die Ausbildung wird künftig für alle Azubis kostenlos sein und über einen Landesausbildungsfonds finanziert, an dem alle Akteure des Pflegebereichs beteiligt sind. Damit werde sichergestellt, dass ausbildende Betriebe nicht benachteiligt werden, so Ralf Kleindiek, Staatssekretär im Bundesfamilienministerium. Er zeigte sich überzeugt, dass die große Mehrheit der Azubis eine durchgängig generalistische Ausbildung wählen wird. Das erste Ausbildungsjahr soll 2020 beginnen.

Hamburgs Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) merkte an, mit den Änderungen des Bundestags werde die Umsetzung der Reform in den Ländern "nicht einfacher". Der Start im Jahr 2020 sei "ambitioniert". Sie hoffe, dass der Bundestag sich bei der Beratung der Ausbildung- und Prüfungsverordnung nicht zu viel Zeit nehmen wird. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) bedauerte, dass es nicht gelungen sei, die Vergütungsregelungen in der Alten- und Krankenpflege anzugleichen.

- Epidemiologische Überwachung übertragbarer Krankheiten: Mit dem Gesetz soll ein bundesweit einheitliches elektronisches Melde- und Informationssystem in den Gesundheitsämtern geschaffen werden. Für Furore sorgte im Vorfeld eine Bestimmung, dass Kitas Eltern an das Gesundheitsamt melden sollen, wenn diese eine Impfberatung verweigern. Der Bundesrat hat dies ursprünglich kritisch kommentiert. Doch Prüfer-Storcks begrüßte diese Regelung.

- Personaluntergrenzen: Angehängt an das Gesetz zur Überwachung übertragbarer Krankheiten wurde die Vorgabe für Personaluntergrenzen in pflegesensitiven Bereichen im Krankenhaus. Prüfer-Storcks kritisierte, dass die Deutsche Krankenhausgesellschaft die Untergrenzen weiterhin ablehne. "Wir wissen doch, wie breit die Streuung der Personalausstattung in den Krankehäusern ist", so Prüfer-Storcks. Die Selbstverwaltung ist nun mit klaren Zeitvorgaben aufgerufen, die Untergrenzen zu definieren. Hamburgs Senatorin ließ erkennen, dass ihr der direkte Weg, Vorgaben über eine Rechtsverordnung zu definieren, lieber gewesen wäre.

- Samenspenderregister: Das Register wird beim Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information eingerichtet. Damit sollen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Bürger, die nach heterologer Samenspende gezeugt wurden, ihre Abstammung in Erfahrung bringen können. "Altfälle" werden jedoch nicht in das Register aufgenommen. Mit einer Änderung im Bürgerlichen Gesetzbuch wird klargestellt, dass Samenspender im Rahmen einer ärztlich unterstützten künstlichen Befruchtung weder von dem Kind noch von dessen Eltern als rechtlicher Vater in Anspruch genommen werden können.

- Ärztliche Zwangsmaßnahmen bei Betreuten: Zwangsmaßnahmen bei betreuten Menschen sind nur noch an den Aufenthalt im Krankenhaus geknüpft. Bisher galt die Vorgabe in Paragraf 1906 Absatz 3 Satz 1 Nummer 3 BGB, dass der Betroffene in einer geschlossenen Abteilung untergebracht sein musste. Künftig sind die Maßnahmen auch in offenen Stationen möglich. Der Gesetzgeber setzt damit eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts um.

- Gestoppte Gesetze: Zwei Gesetze hat der Bundesrat von der Tagesordnung genommen und damit vorerst gestoppt. Das Kinder- und Jugendhilfestärkungsgesetz will die Länderkammer jetzt am 22. September beraten. Ärzte sollten durch die Neuregelung unter anderem mehr Klarheit erhalten, wann sie ihre Schweigepflicht brechen und einen Verdachtsfall an das Jugendamt melden dürfen. Grund für die Vertagung war offensichtlich, dass mehrerer Länder die Senkung von Standards bei der Unterbringung unbegleiteter Flüchtlinge fürchteten.

Weiteren Beratungsbedarf hat der Bundesrat auch bei dem Gesetz, dass die Beistandsmöglichkeiten unter Eheleuten und Lebenspartnern in der Gesundheitssorge verbessern sollte. Der Bundestag, der das Gesetz Ende Juni beschlossen hat, verknüpfte dieses Vorhaben mit einer Erhöhung der Vergütung für Berufsbetreuer. Dies sei nicht opportun, hieß es in der Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses.

Klinische Studien

- Der Bundesrat hat einer Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums zugestimmt, in der das Verfahren der Genehmigung von klinischen Prüfungen geregelt werden soll. Hintergrund ist die EU-Verordnung Nr. 536/2014. Unter anderem werden dort die Gebühren für registrierte Ethik-Kommissionen geregelt.

- Nicht angenommen hat die Länderkammer eine Empfehlung des Ausschusses für Kulturfragen. Dieser hatte vorgeschlagen, im Falle nicht-kommerzieller Prüfungen die Gebühren für die Begutachtung durch eine Ethikkommission um 75 Prozent zu senken. Die Bundesärztekammer hatte vor einem solchen Schritt ausdrücklich gewarnt. BÄK-Chef Professor Frank Ulrich Montgomery hatte in einem Schreiben an die Regierungschefs der Länder gemahnt, die massive Gebührensenkung würde die etablierten Verfahren der Begutachtung gefährden.

- In einer Entschließung wird die Bundesregierung aufgefordert, zwei Jahre nach dem Start eine Evaluation vorzulegen. Geklärt werden solle dabei insbesondere, ob die vorgegebenen Fristen den Bundesoberbehörden und den Ethikkommissionen eine sorgfältige Prüfung mit Blick auf den Probanden- und Patientenschutz erlauben.

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