Berliner Erklärung

Schärfere Instrumente zur Darmkrebsfrüherkennung

Bis April 2016 muss der Gemeinsame Bundesausschuss neue Vorgaben für die Darmkrebsfrüherkennung inklusive Einladungsverfahren beschließen. Sieben Fachorganisationen haben dazu am Freitag in der "Berliner Erklärung" konkrete Vorschläge unterbreitet.

Veröffentlicht:

Der Bundestag hat am 1. Februar 2013 das Krebsfrüherkennungs- und Registergesetz (KFRG) verabschiedet. Damit wurde die Grundlage für ein organisiertes Krebsfrüherkennungsprogramm für Darmkrebs mit bundesweitem Einladungsverfahren geschaffen.

Der Gesetzgeber hat den GBA beauftragt, bis April 2016 die Umsetzungsvorschriften festzulegen. Die Unterzeichner dieser Erklärung sehen als Zielsetzung des Krebsfrüherkennungs- und Registergesetzes im Bereich Darmkrebs die signifikante Senkung der Inzidenz und Mortalität an.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen eine Reihe von Eckpunkten berücksichtigt werden:

1. Erinnerungsschreiben: Wir fordern, dass Anspruchsberechtigte, die auf das erste Einladungsschreiben zur Vorsorge nicht reagiert haben, ein Erinnerungsschreiben erhalten.

2. Informationsmaterialien: Wir fordern, dass die Informationsmaterialien, die an anspruchsberechtigte Versicherte versandt werden, ausgewogen in einer laienverständlichen Sprache über Nutzen und Risiken der Früherkennungsmaßnahmen aufklären.

Für Migrantengruppen müssen die Informationsmaterialien den jeweiligen Sprachen verfügbar sein und das kulturelle Umfeld berücksichtigen.

3. Risikogruppen: Wir fordern, dass bei der Definition der Zielgruppen die familiären, erblichen und geschlechtsspezifischen Risikokonstellationen berücksichtigt werden.

4. Risikokonstellationen: Wir fordern, dass für die Zielgruppen mit einer spezifischen Risikokonstellation die Altersgrenzen, Intervalle und Früherkennungsmethoden entsprechend der nationalen und internationalen Leitlinienempfehlungen festgelegt werden und dass von Darmkrebs betroffene Patienten regelhaft über das erhöhte Risiko für ihre Verwandten informiert werden.

5. Familienanamnese: Wir fordern, dass die Risikomerkmale für familiären und erblichen Darmkrebs durch Abfrage und Dokumentation der Familienanamnese und der Merkmale gemäß den Amsterdam I und II-Kriterien regelhaft bei allen Versicherten identifiziert und ggf. Erhebungsbögen mit den Einladungsunterlagen verschickt werden.

6. Immunchemische Stuhltests:

7. Koloskopie bei positivem Stuhltest: Wir fordern, dass Krankenkassen und KBV dafür Sorge tragen, dass die positiven Befunde immunchemischer Tests durch eine Koloskopie abgeklärt werden, da dies für Wirksamkeit des Früherkennungsprogramms essentiell ist.  Die Abklärungskoloskopie muss angemessen dokumentiert werden.

8. Dokumentation und Evaluation: Wir fordern, dass alle Maßnahmen zur Früherkennung von Darmkrebs von den Leistungserbringern elektronisch dokumentiert (z. B. im Krebsregister) und unter wissenschaftlicher Begleitung regelmäßig ausgewertet werden und dass ein evidenzbasierter Satz von Qualitätsindikatoren erstellt wird.

Nur so kann eine einheitliche, zeitnahe und aussagefähige Evaluation und Qualitätssicherung des Früherkennungsprogramms sicher gestellt werden.

9. Krebsregister: Wir fordern eine einheitliche Dokumentation und Qualitätssicherung der Daten in den klinischen Krebsregistern aller Bundesländer, eine jährliche Berichterstattung der Ergebnisse an eine unabhängige Organisation und die datenschutzsichere Rückmeldung an die Leistungserbringer und Kostenträger.

Die Evaluation mit regelmäßiger Überprüfung der Effizienz und Qualität des Programms lässt sich nur durch eine länderübergreifende Datenerhebung und -auswertung sicherstellen. Die Rückmeldung an die Leistungserbringer und Kostenträger ist für die Überprüfung der Wirksamkeit notwendig. Das gesetzliche Früherkennungsprogramm sollte entsprechend der Ergebnisse der Überprüfung angepasst werden.

10. Weiterentwicklung und Akzeptanz: Wir fordern die Fortschreibung des Früherkennungsprogramms und der Früherkennungsmaßnahmen entsprechend des medizinischen Fortschritts, der sich ändernden wissenschaftlichen Evidenz und der Empfehlungen der wissenschaftlichen Leitlinien, insbesondere der S3 Leitlinie der Fachgesellschaft, um bei entsprechender Verfügbarkeit von innovativen diagnostischen Konzepten (zum Beispiel Bluttest) diese zur Darmkrebsfrüherkennung einzuführen.

Die Aufnahme evidenzbasierter neuer Methoden in das Früherkennungsprogramm ist Voraussetzung für die Weiterentwicklung und zukünftige Akzeptanz des Programms.

Unterzeichnende Organisationen:

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS)

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH)

Deutsche Krebshilfe (DKH)

Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)

Stiftung LebensBlicke

Netzwerk gegen Darmkrebs

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Kommentare
Dr. Wolfgang P. Bayerl 16.06.201509:46 Uhr

Na, na, na, Zwang??? meinen Sie damit Punkt 1) "Erinnerungsschreiben"? Das macht meine Autowerkstatt auch.

Und ich bin dankbar dafür, denn meine Frau vergisst das regelmäßig.
Alle anderen Punkte richten sich an den Medizinbetrieb, insbesondere die Kostenträger!
Man kann über Einzelnes ja diskutieren, im Kern ist es Punkt 7, die Koloskopie ab einem gewissen Alter,
alles andere ist verzichtbar, weil unsicher und ohne prophylaktischen Effekt.

Und gegen Koloskopie zu polemisieren wie im Parallel-Beitrag GEGEN die "Früherkennung" finde ich einfach absolut unverschämt wie eine schallende Ohrfeige an alle Fachleute:

Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM)

Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselerkrankungen (DGVS)

Deutsche Gesellschaft für Humangenetik (GfH)

Deutsche Krebshilfe (DKH)

Deutsche Krebsgesellschaft (DKG)

Stiftung LebensBlicke

Netzwerk gegen Darmkrebs

Sind das alles Idioten? Das entscheidende bei der Koloskopie ist selbstverständlich die Polypektomie. Ich sage Ihnen hier begründet voraus:
Der häufige Dickdarmkrebs wird in dem Maß zurückgehen, wie diese Koloskopie zunehmen wird.
Selbstverständlich erfordert das mehr Fachqualifikation wie ein Stuhltest etc.,
den ich persönlich sowie so nicht als Ca.-sreening durchführe, sondern nur bei einer Abklärung einer unklaren Anämie.

Dr. Wolfgang Bensch 15.06.201523:59 Uhr

Nachrechnen - was denn Kollege Bayerl?

Es geht darum, ob Zwang zur Vorsorge ausgeübt wird und die "personale Gesundheit" zur "Volksgesundheit" erklärt wird. Im Fall der früheren Pflicht zur Pockenimpfung war tatsächlich eine Gefährdung anderer gegeben. Wen gefährdet Nichtteilnahme an einer "verpflichtend" deklarierten Koloskopie?

Dr. Wolfgang P. Bayerl 15.06.201518:32 Uhr

Lieber Kollege Bensch, Angst vor der Koloskopie?

Das ist nicht nur Screening sondern durch die natürlich erforderliche Polypektomie auch SEHR wirksame Prophylaxe. Den Chirurgen wird es nicht stören, wenn er weiterhin sehr oft und auch recht erfolgreich das Dickdarm- Ca operieren muss:-)
Die AOK sollte da mal nachrechnen, bevor sie gedankenlos wie meist in den Chor der Nein-Sager einstimmt.

Dr. Wolfgang Bensch 13.06.201515:22 Uhr

10-mal fordern - ist das wirklich erforderlich?

Klingt nicht so, als ob die Damen und Herren der Fachgesellschaften von einem "mündigen Mitbürger" ausgehen, der über seine eigenen gesundheitlichen Belange autonom entscheiden dürfte.
Was war auch über Vorsorgeuntersuchungen kürzlich hier zu lesen?
"Nutzen von Früherkennung wird oft überschätzt".
http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/praevention/article/888074/hauptstadtkongress-nutzen-frueherkennung-oft-ueberschaetzt.html

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