NORAH-Studie
Dauerlärm macht depressiv und herzkrank
In der Lärmwirkungsstudie NORAH sind über mehrere Jahre hinweg die Auswirkungen von Verkehrslärm auf Lebensqualität, Krankheitsrisiken, Blutdruck und Schlaf sowie auf die geistige Entwicklung untersucht worden. Jetzt liegen die Ergebnisse vor.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Wer dauerhaftem Verkehrslärm ausgesetzt ist, hat ein signifikant erhöhtes Risiko, an einer Depression oder Herzinsuffizienz zu erkranken. Das ist eine der wichtigsten Erkenntnisse der Lärmwirkungsstudie NORAH ("Noise-Related Annoyance, Cognition and Health"), deren Ergebnisse am Donnerstag in Frankfurt am Main vorgestellt worden sind.
NORAH ist die umfangreichste Untersuchung zu den Auswirkungen von Flug-, Straßen- und Schienenverkehrslärm, die es jemals in Deutschland gegeben hat.
Auftraggeber der insgesamt zehn Millionen Euro teuren Studie, an der neun unabhängige wissenschaftliche Einrichtungen über einen Zeitraum von fünf Jahren beteiligt waren, ist das gemeinnützige Umwelt- und Nachbarschaftshaus, eine Tochter des Landes Hessen und Teil des Forums Flughafen und Region.
NORAH gliedert sich in fünf Teilstudien auf, die sich mit den Auswirkungen des Verkehrslärms auf die Lebensqualität, Krankheitsrisiken, Blutdruck und Schlaf sowie auf die geistige Entwicklung von Kindern befassen.
Die Ergebnisse der Kinderstudie wurden bereits Ende April veröffentlicht (die "Ärzte Zeitung" berichtete), während die anderen vier Teilstudien am Donnerstag erstmals der Öffentlichkeit präsentiert worden sind.
Vor allem im Rhein-Main-Gebiet
Die Untersuchungen fanden in den Jahren 2011 bis 2013 vornehmlich am Flughafen Frankfurt am Main und in der Rhein-Main-Region sowie an den Vergleichsstandorten der Flughäfen Köln/Bonn, Berlin und Stuttgart statt.
Im Fokus der Studie zu den Krankheitsrisiken durch Verkehrslärm standen fünf weit verbreitete Erkrankungen: Herzinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Depression und Brustkrebs. Wissenschaftler um Professor Andreas Seidler vom Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der TU Dresden werteten dafür Krankenkassendaten von gut einer Million gesetzlich Versicherten im Rhein-Main-Gebiet aus.
Parallel dazu berechneten Akustiker die Belastung aus Flug-, Straßen- und Schienenlärm an allen relevanten Adressen im Rhein-Main-Gebiet. Ergänzend nahmen mehrere Tausend Menschen an einer vertiefenden Befragung teil.
Die NORAH-Studie belegt, dass Verkehrslärm das Risiko, einen Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Herzinsuffizienz zu entwickeln, erhöht. Bei alleiniger Berücksichtigung des Dauerschallpegels fand sich das höchste Risiko für eine Herzinsuffizienz beim Schienenlärm, gefolgt von Straßen- und Fluglärm.
Auch beim Schlaganfall wiesen die Wissenschaftler einen statistisch signifikanten Zusammenhang zu allen drei Verkehrslärmarten nach, wobei sich Fluglärm nur bei Berücksichtigung der nächtlichen Maximal-Pegel von mehr als 60 Dezibel auf das Schlaganfallrisiko auswirkt. Das Herzinfarktrisiko war vor allem bei Straßen- und Schienenverkehr erhöht.
Ergebnisse überraschen
"Überrascht haben uns vor allem die Auswirkungen von Verkehrslärm auf das Herzinsuffizienzrisiko", so Studienleiter Seidler, "ebenfalls, dass sowohl Fluglärm als auch Straßen- und Schienenverkehrslärm dazu beitragen können, eine Depression zu entwickeln."
Die Wissenschaftler berechneten, dass das Risiko um 8,9 Prozent zunimmt, wenn die Fluglärmbelastung um zehn Dezibel steigt (Straßenlärm: 4,1 Prozent, Schienenlärm: 3,9 Prozent pro zehn Dezibel).
Der Studie zufolge hat Verkehrslärm offenbar keinen Einfluss auf das Brustkrebsrisiko. Lediglich in der Gruppe jener Frauen, bei denen der Dauerschallpegel zwischen 23 und 5 Uhr über 55 Dezibel lag, traten mehr Fälle von Brustkrebs auf als erwartet.
Hier seien weitere Forschungen nötig, so Seidler. Entwarnung gab es auch beim Blutdruck: Eine signifikante Erhöhung durch lang andauernden Fluglärm ließ sich nicht nachweisen.
Detaillierte Ergebnisse der NORAH-Studie im Internet:.www.laermstudie.de