Niederländische Ärzte sehen Sterbehilfe-Teams kritisch

Ein Arzt-Patienten-Verhältnis, das sich nur auf Sterbehilfe konzentriert, lehnt die größte Ärztevereinigung Hollands ab.

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Über die Pläne zur ambulanten Sterbehilfe in den Niederlanden wird heftig diskutiert: Die Ärztevereinigung KNMG ist skeptisch.

Über die Pläne zur ambulanten Sterbehilfe in den Niederlanden wird heftig diskutiert: Die Ärztevereinigung KNMG ist skeptisch.

© imagebroker/ imago

KÖLN (iss). Niederländische Ärzte fürchten, dass die geplanten ambulanten Sterbehilfe-Teams unabsehbare Folgen für das Arzt-Patienten-Verhältnis haben könnten.

"Wir halten es für problematisch, dass in diesen Fällen die Beziehung zwischen Arzt und Patient ausschließlich auf die Sterbehilfe konzentriert ist", sagt Eric van Wijlick von der Ärztevereinigung KNMG (Koninklijke Nederlandsche Maatschappij tot bevordering der Geneeskunst) der "Ärzte Zeitung".

KNMG vertritt mehr als 53.000 Ärzte

Die KNMG ist die größte Ärzteorganisation in den Niederlanden. Sie vertritt die Interessen von mehr als 53.000 Ärzten und Studierenden in ethischen, rechtlichen und Qualitäts-Fragen.

Die "Nederlandse Vereniging voor een Vrijwillig Levenseinde" (NVVE) will ab März von Den Haag aus landesweit sechs ambulante Teams aus Ärzten und Pflegekräften einsetzen. Sie bieten Patienten ambulante Sterbehilfe zu Hause an, wenn deren Hausärzte die Euthanasie ablehnen.

Es sei bedenklich, wenn ein Arzt ihm nicht bekannte Patienten nur unter dem Aspekt der aktiven Sterbehilfe aufsucht, sagt van Wijlick.

KNMG sieht noch viele unbeantwortete Fragen

Die gesetzlichen Vorgaben sähen zwar vor, dass Patient und Arzt nach Gesprächen gemeinsam entscheiden müssen, ob Sterbehilfe wirklich die angemessene Lösung ist. "In diesen Fällen besteht aber die Gefahr, dass die Alternativen zur Sterbehilfe schnell aus dem Blick geraten."

Auch bei der von der NVVE geplanten Sterbehilfe-Klinik, zu der die mobilen Teams gehören werden, sieht die KNMG noch viele unbeantwortete Fragen.

Die Ärzte und Pflegekräfte in der Klinik müssten die schwer kranken Patienten dort schließlich 24 Stunden am Tag versorgen. "Wir können uns nicht vorstellen, wie das funktionieren soll", sagt van Wijlick.

Es gebe Ärzte und Patienten, die solche Lösungen für den richtigen Weg halten. "Aber wir sind skeptisch."

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 09.02.201217:53 Uhr

Sorge um das Arzt-Patienten-Verhältnis

Von Tod und Sterben gezeichnete Patientinnen und Patienten verspüren unter einer subjektiven bzw. objektiven Belastungsgrenze und Überforderung den Wunsch nach Endlichkeit, nach Abschied und Erlösung von ihrem Dasein. Doch leider viel zu selten kann dieser Wunsch verbal oder nonverbal konkludent geäußert, der Therapieabbruch und das Ende des Leidens eingefordert werden. Direkte Angehörige, vertraute H a u s- Ärztinnen und -Ärzte und die betroffenen Pflegepersonen sind dann auf Vermutungen, Ahnungen und Analogien angewiesen. Etwas, das kein außenstehendes "Sterben auf Rädern"-Team zu leisten im Stande ist. Der vermeintliche Wille der Patienten muss reflektiert, hinterfragt und gefunden werden.

Empathie und Arbeitsfähigkeit wird beim "positiven" Helfersyndrom über objektiv und subjektiv empfundene Entlastung oder Linderung, wie infaust die Prognose der Schutzbefohlenen auch sein mag, gefördert. Ohne positive Rückmeldungen läuft jeder Helfer Gefahr, in Frustration, Resignation und Aggression zu geraten. Der Wunsch der Sterbenden kollidiert dann mit dem professionellen Selbstverständnis. Destruktive Impulse müssen ausgehalten bzw. erkannt werden, wenn Sterbende nach Erlösung verlangen.

Unser Rechts- und Wertesystem soll zuallererst das "Mensch-Sein" als Mosaik vielschichtiger Facetten von bio-psycho-sozialen Entitäten, kultureller Reflexion, Kommunikation, Sexualität und Liebe, Hass und Abneigung, Freude und Glück, Krankheit und Gesundheit reflektieren. Da treffen Glaube, Hoffnung, Liebe zusammen mit Solidarität und Verantwortung. Im Spannungsbogen von Geburt, Leben, Sterben und Tod gibt es das Prinzip "Liebe" (Neues Testament), das Prinzip "Verantwortung" (Hans Jonas) und das "Prinzip Hoffnung" (Ernst Bloch).

Wilder Aktionismus mit aktiver Sterbehilfe, assistiertem Suizid und Erlösungspflicht will dazu m. E. nicht so recht passen. Eher doch "Loslassen"?

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

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