Neue DGP-Broschüre
Respekt vor dem Todeswunsch unheilbar Kranker
Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) positioniert sich in einer Broschüre zum ärztlich assistierten Suizid.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Die Debatte um Sterbehilfe in Deutschland ist hochkomplex und hat viele Facetten. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) rückt in einer jetzt vorgestellten Broschüre eine Gruppe von Patienten in den Fokus, die von Befürwortern der aktiven Sterbehilfe oft als Opfer der derzeit geltenden restriktiven Gesetzesregelungen dargestellt werden.
"Selbst bei exzellenter Palliativmedizin wird es Menschen geben, die aus der Situation ihrer schweren Erkrankung heraus Suizid begehen möchten, diesen unter Umständen aber nicht selbst durchführen können oder wollen", stellt die DGP klar.
Die Palliativmedizin biete aus ihrem lebensbejahenden Ansatz heraus Hilfe beim Sterben an, jedoch nicht Hilfe zum Sterben. Daher gehört es aus Sicht des DGP-Vorstands nicht zum Grundverständnis der Palliativmedizin, Beihilfe zum Suizid zu leisten oder über die gezielte Durchführung eines Suizids zu beraten.
Bei "schwierigen Einzelfällen" könne es für Ärzte aber zu "Dilemma-Entscheidungen" kommen, räumt der Verband in der Broschüre mit dem Titel "Ärztlich assistierter Suizid. Reflexionen der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin", ein.
Das in der (Muster-)Berufsordnung der Bundesärztekammer (MBO) 2011 festgeklopfte Verbot einer ärztlichen Mitwirkung am Suizid stößt bei der DGP auf Zustimmung - wenn darunter das Verbot der Verordnung eines Medikamentes zum Ziel der Ausführung eines Suizides sowie das Verbot der konkreten Anleitung zur Suizidplanung verstanden werde.
Die Landesärztekammern sollten ihre Berufsordnungen in diesem Sinne vereinheitlichen, fordert die DGP weiter. Bisher haben die Kammern die 2011 beschlossene Änderung der MBO unterschiedlich umgesetzt.
Es gibt Handlungsoptionen
Etwa die Hälfte der Kammern hat nach DGP-Angaben den gesamten Passus aus der MBO übernommen, der so lautet: "Ärztinnen und Ärzte haben Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen. Es ist ihnen verboten, Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen zu töten. Sie dürfen keine Hilfe zur Selbsttötung leisten."
Einige Kammern haben die Formulierung variiert oder verkürzt. In Bayern zum Beispiel heißt es lediglich "Der Arzt hat Sterbenden unter Wahrung ihrer Würde und unter Achtung ihres Willens beizustehen".
Die Uneinheitlichkeit der Berufsordnungen in den Landesärztekammern und die damit verbundene Unklarheit über berufsrechtliche Konsequenzen könne Ärzte verunsichern, bedauert die DGP.
Für Ärzte in "Dilemma-Situationen" sieht die DGP dennoch Handlungsoptionen. "Da das Verbot nicht zwingend an eine Sanktion gebunden ist, hat die Landesärztekammer grundsätzlich die Möglichkeit, im begründeten Einzelfall von einer berufsrechtlichen Sanktion der ärztlichen Beihilfe zum assistierten Suizid abzusehen.", heißt es in der Broschüre.
Der "begründete Einzelfall" könnte somit eine Chance für Ärzte bieten, in hochkomplexen Einzelfällen Entscheidungen ohne Furcht vor Sanktionen zu treffen.
Die DGP stellt auch klar, dass bei diesem Thema eine berufsrechtliche Klärung notwendig sei. Darüber hinaus gebe es aber keinen Neuregelungsbedarf, insbesondere auch nicht mit Blick auf das Strafrecht. (fuh)