Dialyse

Ein lebensrettendes Minusgeschäft?

Dialysen sind teurer als bislang gedacht. Zu diesem Ergebnis kommt eine umfangreiche Erhebung unter nephrologischen Praxen. Die Fachärzte hoffen, dass dieses Gutachten gegen eine erneute Absenkung der Dialysepauschalen hilft.

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Extrakorporaler Nierenersatz: Wie teuer darf er sein?

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© Klaus Rose

BERLIN. Dialysebehandlungen in Deutschland verursachen offenbar höhere Kosten als bislang angenommen. Im Durchschnitt kostet eine Behandlungswoche pro Patient 512 Euro, heißt es in einem am Dienstag in Berlin vorgelegten Gutachten.

Damit liegt der Kostensatz in Nephrologenpraxen deutlich über den vor einem halben Jahr abgesenkten Wochenpauschalen, die die gesetzlichen Krankenkassen für die Dialyse bezahlen. Seither erhalten die Nephrologen für erwachsene Dialysepatienten nur noch maximal 485,80 Euro pro Woche. Die Pauschale wurde zudem abgestaffelt.

Die Absenkung müsse nach den neuen Daten nun gründlich überprüft werden, forderte Dr. Michael Dascher, Vorstand des Verbands Deutsche Nierenärzte (DN) am Dienstag in Berlin.

Die jetzt vorgelegte Untersuchung des Kieler Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA) ist die erste dieser Art in Deutschland. Erstellt wurde sie im Auftrag des DN, der nach eigenen Angaben eine Mehrheit der hierzulande tätigen Dialysepraxen vertritt. Für die Analyse wurden ausschließlich Verbandsmitglieder befragt.

686 Ärzte machen bei Umfrage mit

Die Rückläuferquote war mit 85 Prozent (686 Ärzte) überraschend hoch. Sie repräsentieren jedoch lediglich nephrologische Arztpraxen. Organisationen wie das Kuratorium für Dialyse (KfH) oder die PHV-Dialysezentren wurden nicht mit einbezogen. Sie sind nicht Mitglied im DN.

Nach den Daten des Gutachtens von dem Kieler Gesundheitsökonomen Dr. Thomas Drabinski verursachen die Dialysebehandlungen in den nephrologischen Arztpraxen im Schnitt 2,9 Millionen Euro Kosten - bei durchschnittlich 111 Patienten und knapp drei Ärzten. Bewertet wurden nur die Dialyseanteile in den Praxen, die zulasten der gesetzlichen Krankenkassen gingen. Verwendet wurden Daten aus dem Jahr 2012.

Die GKV-Quote lag mit durchschnittlich 92,6 Prozent deutlich höher als in anderen Fachgebieten. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurden 2012 bundesweit 50.860 Patienten kontinuierlich an der Dialyse behandelt.

Auf die Versorgungsaufträge in den Praxen umgelegt, errechnete Drabinski Kosten von durchschnittlich einer Million Euro. Dialysepraxen in der kassenärztlichen Versorgung unterstehen seit der Versorgungsreform im Jahr 2002 bekanntlich der Zulassungspflicht.

Die einschlägige Qualitätssicherungsvereinbarung sieht diverse Arzt-Patienten-Verhältnisse vor: Ab 30 Patienten in der kontinuierlichen Zentrumsdialyse muss mindestens ein zweiter Arzt tätig sein, bei mehr als 100 und allen weiteren 50 Patienten jeweils ein zusätzlicher Arzt. Anhand der durchschnittlichen Zahl von Dialysepatienten (111 je Praxis) kam Drabinski auf die eine Millione Euro Kosten je Versorgungsauftrag.

Ältere Kostenberechnungen kommen zu anderen Ergebnissen

Der jetzt errechnete Betrag steht in einem krassen Missverhältnis zu älteren Kostenberechnungen. So hatte das Statistische Bundesamt etwa aus den Jahren 2007/2009 durchschnittliche Praxiskosten von rund 740.000 je Dialysepraxis errechnet.

Der damalige Ansatz der Kosten je Praxisinhaber ist freilich ein anderer des jetzigen Gutachtens, in dem die Kosten je Versorgungsauftrag errechnet wurden. Doch das Delta zwischen beiden Ergebnungen ist enorm: satte 261.711 Euro Kostendifferenz.

Diese Zahl birgt für die Nephrologen politischen Sprengstoff. Denn die Absenkung der Wochenpauschalen im vergangenen Jahr wurde auf Basis eben jener Errechnung des Statistischen Bundesamts durchgeführt, der Ökonom Drabinski nun eine erhebliche Diskrepanz im Vergleich zu seiner umfangreichen Erhebung attestiert.

Drabinski kritisierte in Berlin zudem, die Daten des Statistischen Bundesamtes zur Neubewertung herangezogen wurden, obwohl die Behörde sie lediglich für eigene Zwecke erstellt hatte. Das Bundesamt warnte schließlich vor einem erheblichen Standardfehler ob der kleinen Stichprobe.

KBV sichert genaue Prüfung zu

Die Nephrologen des DN fordern deswegen eine Neuberechnung. Das ist vor allem deswegen relevant, weil eine weitere Absenkung der Pauschalen für Anfang 2015 geplant ist. Die soll jedoch erst nach einer neuerlichen Bewertung der Kostensituation erfolgen.

DN-Vorstand Daschner forderte ein Umdenken: "Es muss die Frage gestellt werden, was kostet was und was wird dafür geleistet?" Es gehe schließlich darum, dass eine Versorgung aufrecht erhalten werde, die den Patienten gerecht werde - nämlich mit einer hohen Qualität.

Noch im vergangenen Jahr hatten die Nephrologen wegen der Neubewertung getobt und sie als "willkürlich" bezeichnet. Daschner warnte zudem davor, dass irgendwann Zentren geschlossen werden müssten, es zu einem Rückzug aus der Fläche kommen und die Qualität der Dialyseversorgung leiden werde. "Wir müssen sehen, wo wir sparen", so Daschner.

Dr. Ulrich Casser von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung sicherte am Dienstag in Berlin zu: Aufgrund des jetzigen Kenntnisstandes werde die KBV keiner weiteren Absenkung der Dialyse-Sachkosten im Bewertungsausschuss zustimmen. Die KBV werde die Daten der Studie genau prüfen. (nös/sun)

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