solimed

Ärzte und Pflegefachkräfte dank EDV in einem Boot

Wenn Ärzte im Praxisnetz solimed in Solingen mit Pflegekräften bei der Betreuung von Patienten zusammenarbeiten, dann hilft dabei die EDV. Besonders Hausärzte profitieren von der Kooperation.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

SOLINGEN. Die schnelle Kommunikation über gemeinsame Patienten ist im Solinger Ärztenetz solimed nicht länger auf Hausärzte, Fachärzte und Kliniken beschränkt. Die Netzärzte holen auch stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen ins Boot.

Zwei Pflegeheime und ein ambulanter Pflegedienst sind bereits mit den Medizinern vernetzt. Das "EDV-gestützte Pflegemanagement" ist Teil der sektorübergreifenden integrierten Versorgung in dem Solinger Netz und soll sukzessive ausgerollt werden.

"Die fachübergreifende Zusammenarbeit bei der Versorgung von Pflegebedürftigen bringt für alle Beteiligten Vorteile", sagt solimedGeschäftsführer Mark Kuypers. Ärzte und Pflegepersonal sparen Zeit, kommunizieren auf Augenhöhe und stimmen sich bei der Versorgung ab.

Interne Mail statt Fax oder Telefon

Zwar hakt es noch an der einen oder anderen Stelle, aber seit Anfang dieses Jahres können die Ärzte mit den Heimen und dem ambulanten Pflegedienst Dokumente austauschen.

Um Informationen an den Arzt weiterzuleiten oder bei ihm etwas nachzufragen, müssen die Pflegekräfte nicht mehr zum Telefonhörer greifen oder ein Fax schicken, sondern sie senden eine interne Mail.

Der Arzt kann schnell antworten, ohne dass die Abläufe in der Praxis beeinträchtigt werden. "Die schnelle und einfache Kommunikation ist ein erlebbarer Mehrwert für beide Seiten", betont Kuypers.

Absprachen über die Wundbehandlung gemeinsamer Patienten, Nachfragen zur Medikation oder Meldungen über Veränderungen des Gesundheitszustands werden durch die technische Unterstützung vereinfacht und beschleunigt. Ein weiterer wichtiger Effekt: "Über das Projekt sind beide Seiten für die gegenseitigen Nöte sensibilisiert worden."

Die elektronische Kommunikation läuft über die Vernetzungssoftware comdoxx, mit der die solimed-Teilnehmer seit Jahren arbeiten. Während die niedergelassenen Ärzte im Netz ein einheitliches EDV-System haben, können die Pflegeeinrichtungen auch weiter ihr eigenes Dokumentations-System nutzen.

Für den Austausch zwischen Ärzten und Pflegern wurden die entsprechenden Schnittstellen entwickelt. Das ist ein Grund dafür, warum es vom Start des Projekts bis zur praktischen Umsetzung rund anderthalb Jahre gedauert hat.

"Die unterschiedliche EDV macht die Integration zu einer großen Herausforderung. Deshalb haben wir im Kleinen angefangen", erläutert der Geschäftsführer.

Klar ist, dass es dabei nicht bleiben soll. In das elektronische Pflegemanagement sollen weitere stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen und auch die Krankenhäuser einbezogen werden.

"Langfristig wollen wir den jetzt entwickelten Prototyp in die Regelversorgung bringen."

Preisgekröntes Projekt

Das im März 2013 angelaufene Projekt ist über den Wettbewerb "IuK und Gender Med.NRW" mit 1,6 Millionen Euro vom Land NRW und der Europäischen Union gefördert worden.

Die Barmer GEK ist Projektpartner, die AOK Rheinland/Hamburg assoziierter Projektpartner - das heißt, sie stellt keine Finanzmittel, aber fachliche und inhaltliche Unterstützung zur Verfügung.

Im April hat solimed außerdem für die Umsetzung des Projekts den mit 10.000 Euro dotierten Preis der Gesundheitsnetzwerker gewonnen.

Bei der Erweiterung der abgestimmten und vernetzten Versorgung über die bisherigen Akteure hinaus habe die Einbindung der Pflege ganz oben auf der Agenda gestanden, berichtet Kuypers. "Die meisten hochversorgungsintensiven pflegebedürftigen Patienten leben im Heim oder benötigen ambulante Pflege."

Um die Kommunikation und die Zusammenarbeit auf eine solide Basis zu stellen, haben die Beteiligten zu Beginn des Projekts erhoben, wer welche Informationen über die pflegebedürftigen Patienten benötigt. Auf diese konkreten Erfordernisse wurde dann die EDV ausgerichtet.

Keine doppelte Dokumentation

Der neue Informationsaustausch zwischen Ärzten und Pflegepersonal ist datenschutzrechtlich abgesichert, betont Kuypers. "Es ist eineindeutig klar, wer wann was kommuniziert." Von allen beteiligten Patienten sind Einverständniserklärungen eingeholt worden.

Auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen ist in das Projekt eingebunden worden. "Wir wollen sicherstellen, dass die Pflegekräfte für die MDK-Prüfungen nicht doppelt dokumentieren müssen", sagt er.

Das solimed-Pflegemanagement wird wissenschaftlich begleitet, die Evaluation übernimmt das Bergische Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health an der Universität Wuppertal.

Die Wissenschaftler haben die Teilnehmer vor dem Start des Projekts befragt und erheben in einer zweiten Phase, was sich durch die Umsetzung verbessert hat. "Wir wollen darstellen, wo der Mehrwert für die Anwender liegt", erläutert der Gesundheitsökonom.

Dass der Nutzen des elektronischen Austauschs groß ist, sei schon deutlich geworden. "Alle, die das System bereits nutzen können, sind begeistert und wünschen sich ein großflächiges Ausrollen."

Auf ärztlicher Seite profitieren in erster Linie die Hausärzte von der EDV-Vernetzung. "Sie sind der Dreh- und Angelpunkt bei der Versorgung der pflegebedürftigen Patienten."

Über das solimed-Netz sind aber auch die Fachärzte eingebunden und nutzen das Pflegemanagement-System immer dann, wenn es erforderlich ist.

Teil des Projekts ist auch die Entwicklung eines elektronischen Pflegeberichts, der alle relevanten medizinischen und pflegerischen Informationen enthält.

70 niedergelassene Ärzte, eine Praxissoftware

Die 2007 gegründete Kommanditgesellschaft „solimed – Unternehmen Gesundheit“ ist hervorgegangen aus dem Ärztlichen Qualitätsnetz solimed. An dem Verbund beteiligen sich rund 70 niedergelassene Haus- und Fachärzte als Gesellschafter, das ist knapp ein Viertel der Ärzte in der bergischen Stadt Solingen. Auch die drei Solinger Kliniken sind Gesellschafter. Solimed ist ein Wortspiel aus Solingen, Solidarität und Medizin.

Die solimed-Teilnehmer sind seit 2008 elektronisch vernetzt. Alle nutzen das EDV-System MCS Isynet und die Vernetzungssoftware comdoxx. Damit versenden sie Mails, Arztbriefe und weitere Dokumente. Die Netzärzte arbeiten mit einer dezentralen arztgeführten elektronischen Patientenakte. Sie kommt inzwischen bei über 23 000 Patienten zum Einsatz. Die Ärzte haben gemeinsam interdisziplinäre und sektorenübergreifende Behandlungspfade entwickelt, beispielsweise für Diabetes und KHK.

Solimed hat zwei Versorgungsverträge zur integrierten Vollversorgung abgeschlossen, und zwar mit der AOK Rheinland/Hamburg und der Barmer GEK. Dort sind mehr als 11.000 Versicherte eingeschrieben. (iss)

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