Pflegepraxiszentren
Auf der Suche nach digitalen Assistenzlösungen in der Pflege
Zu Jahresbeginn sind vier neue Pflegepraxiszentren (PPZ) an den Start gegangen. Hier soll der Einsatz moderner Technologien in der pflegerischen Versorgung erprobt werden – und Deutschland die Zukunft für die Pflege 4.0 weisen.
Veröffentlicht:BERLIN. Die Chancen und Risiken der Digitalisierung werden bereits in vielen Wirtschaftsbereichen ausgelotet. Die Pflege wird aber zumindest in Deutschland in puncto Digitalisierung und Vernetzung – Stichwort Pflege 4.0 – noch recht stiefmütterlich behandelt. Die meisten Ideen zum Beispiel zum Einsatz assistierender, unterstützender Pflegerobotersysteme befinden sich noch in der Konzeptions- oder Testphase.
Zu Jahresbeginn sind nun vier neue Pflegepraxiszentren (PPZ) in Hannover, Freiburg, Nürnberg und Berlin an den Start gegangen, in denen der Einsatz moderner Technologien in der pflegerischen Versorgung erprobt werden soll, wie es von Seiten des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) heißt. Die PPZ stehen im Kontext des vom BMBF aufgelegten Wettbewerbs "Zukunft der Pflege: Mensch-Technik-Interaktion für die Praxis", der wiederum Bestandteil der Initiative "Pflegeinnovationen 2020" der Bundesregierung ist.
Verzahntes Forschen und Versorgen
Die PPZ sind nach Ministeriumsangaben in klinischen, stationären und ambulanten Pflegebereichen bestehender Einrichtungen angesiedelt und arbeiten eng mit forschenden Industriepartnern sowie Einrichtungen der Gesundheits- und Pflegebranche zusammen. "Wir wollen die Pflege in Deutschland verbessern. Pflegebedürftige Menschen brauchen mehr Unterstützung, und die Forschung kann helfen, ihre Lebensqualität zu verbessern", so Bundesforschungsministerin Professor Johanna Wanka (CDU). "Gleichzeitig möchten wir professionelle Pflegekräfte und pflegende Angehörige bei ihrer schweren Arbeit entlasten. Mit den Pflegepraxiszentren schaffen wir die Möglichkeit, gemeinsam im Pflegealltag neue Wege einzuschlagen. Dabei soll die Technik die Pflege unterstützen und wieder mehr Freiheiten im Umgang mit dem Patienten schaffen", verdeutlichte Wanka anlässlich der Arbeitsaufnahme in den PPZ-Teams.
Die PPZ im Überblick:
1. Hannover: Technikintegration und Pflegekompetenz
Unter der Leitung der Medizinischen Hochschule Hannover wird im PPZ Hannover eine bestehende unfallchirurgische Station neu gestaltet. Dabei sollen aufgrund von Arbeitserfahrungen mit assistierender Technik bestehende Pflegeroutinen neu durchdacht und weiterentwickelt werden. Hier werden zum Beispiel Pflegebetten, die mittels Sensorik die Liegeposition des Patienten anpassen, ebenso zum Einsatz kommen wie ein Desinfektionsroboter zur Senkung der Infektionsgefahr und innovative Transportsysteme, die den Pflegekräften Laufwege abnehmen.
2. Freiburg: Digital unterstützte Pflege in Akutkrankenhäusern
Wie kann in der Akutpflege die Behandlung und Versorgung dementer Patienten sichergestellt werden? Das PPZ Freiburg beschäftigt sich unter anderem damit, wie "digitale Begleiter" es den betroffenen Patienten leichter machen können, sich an die Kliniksituation zu gewöhnen. Weiterhin setzt das PPZ-Freiburg, das vom Uniklinikum Freiburg koordiniert wird, auf neue technische Lösungen zur Reduzierung der Lärmbelastung auf Intensivstationen, um stresserzeugende Geräusche für Pflegefachkräfte und Patienten zu verringern.
3. Nürnberg: Innovative Pflegetechnologien in die Pflegepraxis bringen
Das PPZ, koordiniert von der kommunalen Pflegeeinrichtung NürnbergStift will mithilfe technischer Unterstützungssysteme die Organisation der Pflege im Krankenhaus wie auch im Pflegeheim schonender für Patienten und Pflegekräfte und effizienter gestalten. Dabei geht es auch darum, wie neue Pflegetechnik die Arbeitsabläufe beeinflusst und verändert und wie ein reibungsloses Zusammenspiel mit vorhandenen Technologien wie Dokumentationssoftware sichergestellt werden kann.
4. Berlin: Digitale Assistenzsysteme in der geriatrischen Pflege
Das PPZ Berlin wird durch die Evangelische Johannesstift Altenhilfe koordiniert. Den Kristallisationspunkt des Projektes bildet eine Station innerhalb des Akutkrankenhauses, die schrittweise digitalisiert wird. Dabei wird etwa eine Vernetzung aller an der Versorgungskette Beteiligten realisiert. Pflegefachkräfte verfügen damit künftig über die im Pflegeprozess relevanten Informationen, während Pflegebedürftige von einem verbesserten Übergang von der Akutversorgung im Krankenhaus zur stationären oder ambulanten Altenpflege profitieren.
20 Millionen Euro Fördergelder
Neue Pflegetechnologien haben, wie das BMBF betont, das Potenzial, den Alltag von Menschen, die in Pflegeheimen, Krankenhäusern und in der häuslichen Pflege tätig sind, erheblich zu erleichtern. Mehrere Millionen Menschen in Deutschland seien auf Pflege angewiesen. Und die Zahl der Pflegebedürftigen steige weiter. Das Ministerium habe daher 2017 den Cluster "Zukunft der Pflege" gestartet, in dem die vier Pflegepraxiszentren mit dem zentralen Pflegeinnovationszentrum (PIZ) zusammenwirken. Letzteres fördert die Lösungen zur Mensch-Technik-Interaktion in der Pflege. Insgesamt stellt das BMBF dafür bis 2022 bundesweit 20 Millionen Euro bereit.