Studie
Die 8 Digitalisierungstrends, die das Gesundheitssystem verändern
Digitale Lösungen bergen großes Effizienzpotenzial für die Gesundheitswesen rund um den Globus, so die „Global Top Health Industry Issues“_Studie. Knackpunkt ist und bleibt jedoch die Infrastruktur.
Veröffentlicht:DÜSSELDORF. Digitale Lösungen werden das weltweite Gesundheitswesen künftig deutlich stärker als heute prägen, insbesondere bei der Automatisierung von Prozessen und in der Verwaltung. Unternehmen und andere Organisationen können ihre Effizienz mit smarten Technologien bis 2021 um geschätzte 15 bis 20 Prozent steigern, wenn sie digitale Anwendungen unter anderem für die Geschäftsprozessoptimierung oder die Entwicklung medizinischer Produkte einsetzen.
Das sind zwei Prämissen, von denen die Strategieberatung PricewaterhouseCoopers (PwC) ausgeht. Deren Health Research Institute (HRI) identifiziert, wie bereits kurz berichtet, in der am Montag veröffentlichten Studie „Global Top Health Industry Issues“ acht Trends, die das globale Gesundheitswesen nach seiner Ansicht verändern werden.
Wie die Autoren betonen, werde die Digitalisierung auch bedeutsamer bei der Entwicklung und Umsetzung von Therapien sowie der klinischen Dokumentation werden. Durch Präzisionsmedizin – auch personalisierte Medizin genannt –, die – beruhend auf medizinischen Big Data – Zusammenhänge zwischen physischen Eigenschaften und Krankheitsentwicklungen offenbart, könne in Zukunft beispielsweise eine enorme Zeit- und Kostenersparnis erreicht werden.
Künstliche Intelligenz braucht Zeit
In puncto der vonseiten der Bundesregierung so prominent geförderten Künstlichen Intelligenz (KI) im deutschen Gesundheitswesen wird es nach der Expertenschätzung allerdings noch dauern, bis diese eine ernst zunehmende Rolle in der Versorgung spielt. „Solche Anwendungen basieren auf sehr großen Datenmengen – und die müssen aktuell erst aufgebaut werden“, verdeutlicht Michael Burkhart, Partner und Leiter des Bereichs Gesundheitswirtschaft bei PwC, ohne den Knackpunkt des Breitbandausbaus in Deutschland beim Namen zu nennen.
Das Potenzial solcher Anwendungen sei aber gewaltig, so der Stratege. So ließen sich mit KI beispielsweise schwere Krankheiten früh erkennen und die Gesundheits- und Folgekosten in Europa um viele Milliarden Euro senken, wie er betont.
Einen weiteren Trend stellen Gesundheits-Apps dar, die sich großen Zuspruchs erfreuen. Oftmals fehle diesen Lösungen jedoch die Integration in das bestehende Gesundheitssystem. Insbesondere für diesen Bereich identifiziert die Studie großes Potenzial, da sogenannte Virtual-Health-Systeme helfen könnten, Behandlungsergebnisse zu verbessern, Budgets für die medizinische Versorgung effizienter einzusetzen und den Zugang zu Gesundheitssystemen zu vereinfachen – insbesondere für Bewohner ländlicher Regionen.
300.000 WannaCry-Opfer
Die Digitalisierung hat jedoch nicht nur Sonnenseiten: So waren 300.000 Computer in 150 Ländern betroffen, als im vergangenen Jahr die Schadsoftware „WannaCry“ eine Sicherheitslücke in Windows-Rechnern nutzte. Je erfolgreicher sich das Internet of Medical Things entwickelt, d.h. je häufiger ans Internet angeschlossene medizinische Geräte und Netzwerke im Gesundheitswesen verwendet werden, desto höher ist das Risiko, dass sie zum Ziel von Cyberattacken, Ransomware und Malware werden. Dabei stehen vor allem sensible Patientendaten im Fokus, warnt das HRI.
Rund 90 der bundesweit 2000 Krankenhäuser zählen gemäß KRITIS-Verordnung zu den kritischen Infrastrukturen, also solchen Einrichtungen, die für das staatliche Gemeinwesen besonders bedeutsam sind. Diese Kliniken müssen sich auf die zunehmenden Bedrohungen durch Schadsoftware einstellen und bis Ende Juni 2019 in Audits nachweisen, dass sie die „Änderungsverordnung zur Bestimmung Kritischer Infrastrukturen nach dem BSI-Gesetz“ umgesetzt haben. Die Audits werden alle zwei Jahre wiederholt.
Plädoyer für die Monistik
Für Patienten und Gesundheitssysteme sind chronische Erkrankungen eine gleichermaßen große Belastung. Insbesondere gesetzliche Krankenversicherungen weltweit stehen wegen steigender Behandlungskosten für chronische Krankheiten unter hohem Kostendruck. Gesetzgeber, Versicherer und Versorger setzen daher zunehmend auf Prävention und versuchen, die Bevölkerung zu Präventivmaßnahmen zu bewegen.
Um die zunehmenden Kosten zu senken und bessere Anreize zu setzen, seien im deutschen Gesundheitswesen strukturelle Änderungen notwendig, meint PwC-Mann Burkhart. Eine monistische Krankenhausfinanzierung statt des bisherigen dualen Systems beispielsweise würde die Voraussetzung für wichtige Entscheidungen und Investitionen im Gesundheitssystem schaffen.
Auch die Krankenhausfinanzierung pro Einwohner in einem bestimmten Umkreis hält der Experte für sinnvoll. „Dadurch bestünde ein Anreiz für jede Klinik, in ihrem Zuständigkeitsbereich die beste zu sein“, postuliert Burkhart.