„Intimarzt“

Geschlechtskrankheiten via App abklären

Dermatologen wollen Patienten die Scham bei Geschlechtserkrankungen nehmen – auch mithilfe einer Smartphone-App. Dort können Bilder anonym an die Ärzte übermittelt werden.

Veröffentlicht:
Patienten können mit der App anonym Auffälligkeiten im Intimbereich fachärztlich überprüfen lassen.

Patienten können mit der App anonym Auffälligkeiten im Intimbereich fachärztlich überprüfen lassen.

© NCT Heidelberg

KÖLN. Mit einer neuen App wollen Ärzte aus Essen und Heidelberg Patienten die Möglichkeit geben, den Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit erst einmal digital abklären zu lassen. Sie hoffen, dass sich damit die Scham vieler Patienten überwinden lasse und so eine frühere Diagnose der Erkrankungen möglich werde.

„In vielen Fällen möchte der Patient bei einem Problem im Geschlechtsbereich unerkannt bleiben und gleichzeitig aber wissen, ob die von ihm entdeckte Auffälligkeit in einer Praxis behandelt werden muss“, sagt Dr. Stefan Esser, Leiter der Ambulanz für sexuell übertragbare Erkrankungen der Hautklinik am Universitätsklinikum Essen.

Die App „Intimarzt“ ist ein Projekt der Dermatologen der Essener Uniklinik, der Universitäts-Hautklinik in Heidelberg, des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT). Nutzer können sie unter www.intimarzt.de kostenlos auf ihre Smartphones laden.

Fotos von den betroffenen Stellen aufnehmen

Um eine Ersteinschätzung von erfahrenen Fachärzten zu erhalten, müssen die Patienten in bestimmten Abständen drei Fotos von den betroffenen Stellen aufnehmen und Fragen beantworten.

Innerhalb von 48 Stunden erhalten sie in einem geschützten Datenraum eine Antwort inklusive einer Handlungsempfehlung, so die Initiatoren. Auch wer kein Smartphone besitzt, könne das Angebot nutzen, indem er Fotos mit einer Digitalkamera macht und auf die Webseite hochlädt.

„Das Angebot ist auch für eine frühzeitige Diagnose von Krebserkrankungen bedeutsam“, sagt Jochen Utikal, Leiter der dermatoonkologischen Kooperationseinheit des DKFZ.

So seien etwa Vulva- oder Peniskarzinom, Hautflecken im Intimbereich oder Feigwarzen durch eine HPV-Infektion bei Frauen und Männern auch onkologisch abzuklärende Veränderungen, die ungern persönlich dem Arzt vorgestellt werden.

Angesichts des in einigen Regionen noch bestehenden Fernbehandlungsverbots werden die Ersteinschätzung zunächst nur Ärzte aus Baden-Württemberg übernehmen. Dabei kooperieren die Wissenschaftler nicht mit einem Telemedizin-Anbieter, sondern mit einem Team, zusammengestellt von Dr. Titus Brinker, der die Federführung bei dem Projekt hat.

Dritter Platz beim Erfolgs-Rezept Praxis-Preis

Brinker, Assistenzarzt an der Heidelberger Hautklinik und Leiter der App-Entwicklung an NCT und DKFZ, belegte mit einer ähnlich aufgebauten Teledermatologie-App („AppDoc“) im Februar den dritten Platz beim Erfolgs-Rezept Praxis-Preis.

Dieser wird seit 2011 gemeinsam von der Fachverlagsgruppe Springer Medizin, zu der auch die „Ärzte Zeitung“ gehört, und Apontis Pharma, ehemals UCB Innere Medizin, ausgelobt.

Bei „Intimarzt“ können Ärzte die Leistung nach GOÄ abrechnen, Patienten kostet sie 24,95 Euro. Nach Angaben von Brinker haben Krankenkassen bereits Interesse an der App gezeigt. Das zunächst auf zwei Jahre angelegte Projekt wird halbjährlichen Evaluationen durch die Uniklinik Essen unterzogen.

Dabei wollen die Forscher herausfinden, wie oft Patienten geholfen werden kann, wie oft sie nach der Ersteinschätzung zum Dermatologen müssen und mit welchen Problemen sie sich an Ärzte wenden, sagt Funktionsoberärztin Dr. Wiebke Sondermann. Sie sei „sehr gespannt, wie das Angebot angenommen wird“.

Die in den Stores von Google (Google Play) und Apple (App Store) unter „Intimarzt“ auffindbare App könne nur in manchen Fällen den direkten Kontakt zum Arzt ersetzen, betont Brinker.

„Eine Erstmeinung über eine Telemedizin-Anwendung sollte als ein möglicher Schritt vor einem Arztbesuch gesehen werden.“ (iss/eb)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Finanzielle Lage der GKV

Zusatzbeiträge 2025: Hiobsbotschaften im Tagesrhythmus

Lesetipps
Die Forschenden nahmen die langfristigen Auswirkungen der essenziellen Metalle Kobalt, Kupfer, Mangan und Zink, sowie der nicht-essenziellen Metalle Arsen, Cadmium, Blei, Wolfram und Uran auf die kognitiven Funktionen in den Blick.

© Naeblys / Getty Images / iStock

Umweltbelastung

Metalle im Urin sind mit kognitivem Abbau assoziiert