Positionspapier

IT-Anbieter warnt vor KBV-Einheits-Software

Kann KBV-Chef Dr. Andreas Gassen sein Versprechen halten und Arztsoftware zum Nulltarif anbieten? Der Software-Anbieter medatixx hält dies für unwahrscheinlich. Und fragt sich, wie die KBV dann etwa Selektivverträge abbilden will.

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ELTVILLE/BAMBERG. Im Streit um zusätzliche Softwaregebühren für den bundeseinheitlichen Medikationsplan (BMP), der von der KBV mittlerweile bis zu Gesundheitsminister Hermann Gröhe eskaliert wurde (wir berichteten), ruft nun ausgerechnet eines der Softwarehäuser zu mehr Besonnenheit auf, das selbst gar keine Zusatzgebühren erhebt. Dem Eltviller IT-Anbieter medatixx geht aber die pauschale Verurteilung und vor allem die Forderung der KBV an Gröhe, doch selbst Software anbieten zu dürfen, zu weit.

Von einer "Goldgräberstimmung" bei den Softwarehäusern, von denen die Ärzte laut KBV abhängig seien, könnte keine Rede sein. "Das betrachten wir als haltlose polemische Äußerungen und Wahlkampfrhetorik im Vorfeld der KBV-Vorstandswahlen", heißt es in einem Positionspapier von medatixx.

Bei allen Versprechungen: Nach Ansicht des Unternehmens kann auch die KBV den unvermeidlichen Aufwand für eine eigene Software kaum zum Nulltarif anbieten. Die Ärzte erwarteten zu Recht zuverlässige Programme, das aber verlange qualifizierte Mitarbeiter und Investitionen in neue Entwicklungen. Dabei sorgten gerade die Vielzahl, Komplexität und Kurzfristigkeit der KBV-Vorgaben für ein immer aufwändigeres Verfahren.

Doppelfunktion birgt Interessenkonflikt

Das Softwarehaus sieht aber vor allem einen Interessenkonflikt bei der KBV, der "große Potenziale für wettbewerbsrechtliche Auseinandersetzungen" berge. Denn die KBV, die ja für die Zertifizierung der Praxis-EDV-Systeme und die Spezifikationen der Pflicht-Module verantwortlich zeichnet, würde zunächst einmal als ein weiterer Anbieter in den Markt eintreten.

medatixx bohrt anders als der Bundesverband Gesundheits-IT (bvitg), der den Vorstoß der KBV auch bereits kritisiert hatte, aber vor allem an den unangenehmen Stellen: Wie wolle die KBV mit Themen wie den Selektivverträgen oder der Abrechnung von Privatpatienten umgehen? "Programmiert die KBV dies dann gleich mit – natürlich ebenfalls kostenlos?", fragt das Unternehmen.

Dabei kann medatixx den Wunsch der Ärzte, bei zusätzlichen Pflichtaufgaben wie dem BMP nicht auch noch zusätzlich finanziell belastet zu werden, durchaus verstehen. Das Unternehmen plädiert aber dafür, solche Fragen den freien Markt regeln zu lassen. "Die Ärzte sind kluge Kaufleute und erkennen recht genau, wenn einer ihrer Dienstleister nicht marktgerechte Preise fordert", heißt es. Die meisten Praxen hätten auch durchaus schon einmal ihre Software gewechselt. Verwunderlich sei aber, dass die Ärzte den Softwarehäusern das gleiche Recht, das sie einfordern – Mehrvergütung für Mehrleistung – absprächen.

Der Schnittstellen-Vorwurf

Aufräumen will medatixx zudem mit dem immer wieder vorgebrachten Vorwurf, die Industrie würde Schnittstellen verweigern und so den Datenaustausch und die Datenportabilität zwischen den Systemen erschweren. Für den laufenden Datenaustausch etwa von Behandlungs- und Stammdaten fehle es nicht an den nötigen Dateiaustauschformaten, sondern vor allem an der fehlenden Infrastruktur und falschen Anreizsystemen.

Bestes Beispiel hierfür sei der elektronische Arztbrief, mit dem über KV-Connect sogar schon eine Infrastruktur vorhanden sei. Hier greife die KV Telematik GmbH beim E-Arztbrief sogar auf Vorarbeiten der Industrie, nämlich den vhitg-Arztbrief, zurück. Aber sowohl die mangelnde Förderung des E-Arztbriefes als auch das Verhalten einiger KVen, die nach wie vor eine komplette Trennung der gesamten Praxissoftware vom Internet empfehlen, seien nicht gerade förderlich.

Für den Transport vorhandener Praxisdaten in ein neues EDV-System gebe es ebenfalls bereits Schnittstellen. Und die über 5000 Softwarewechsler pro Jahr unter den Praxen belegten, dass diese auch funktionierten. "Die Industrie selbst hat diese Standards aus starkem wettbewerblichen Eigeninteresse entwickelt", heißt es. – Denn ohne Datentransfer kein Systemwechsel.(reh)

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