Hausärzteverband
App für hausarztzentrierte Versorgung
Der Hausärzteverband kritisiert den Stillstand bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens – und stellt ein eigenes App-Projekt vor.
Veröffentlicht:BERLIN. Scharfe Kritik am Fortschritt der Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland: "Wir werden bei der Digitalisierung von Schnecken überholt", sagte der Bundesvorsitzende des Deutschen Hausärzteverbands Ulrich Weigeldt am Donnerstag in Berlin. Die Politik solle endlich Fakten schaffen und Standards für die Telematikinfrastruktur ein für allemal festlegen. Die Selbstverwaltung sei dazu offensichtlich nicht in der Lage. Deshalb gehöre das Thema aus Sicht des Hausärzteverbands in den Koalitionsvertrag der nächsten Regierung.
In der Zwischenzeit preschen der Hausärzteverband und seine Landesverbände mit einem eigenen Projekt vor. Im Verlauf des dritten Quartals soll den Praxen mit Geniocare eine webbasierte App zur Verfügung stehen, mit deren Hilfe die Leistungserfassung und Abrechnung der Vollversorgungsverträge zur hausarztzentrierten Versorgung einfacher und schneller vorgenommen werden können soll.
Den Bedarf für eine solche Leistung definierte Jens Wagenknecht vom Bundesvorstand des Deutschen Hausärzteverbands wie folgt: "Jeden Tag gehen den Hausärzten in Deutschland viele Tausend Arbeitsstunden verloren, weil die Prozesse in den Praxen nicht digitalisiert sind", sagte Wagenknecht. Die App sei gemeinsam mit Ärzten und MFA entwickelt worden und sei an den Arbeitsabläufen in den Hausarztpraxen orientiert.
Geniocare sei kein Arztinformationssystem, sondern laufe parallel zur Praxissoftware, sagte Dr. Lutz Kleinholz von der egopulse Deutschland GmbH, die die App entwickelt hat. Nach einer Anlaufphase von zwei Quartalen soll die App 49 Euro netto pro Quartal kosten. Kleinholz kündigte an, dass die datenschutztechnischen Vorkehrungen der App bereits auf die ab Frühjahr 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung der EU ausgerichtet sei. Ein normaler Internetanschluss reiche aus, um das Produkt nutzen zu können. Zusätzliche Installationen seien nicht notwendig.
Der Telesprechstunde verhieß Weigeldt keine große Zukunft. Sie sei mit dermaßen vielen Vorgaben überfrachtet, dass kaum ein Arzt seinen Patienten einen solchen Service anbieten dürfte. Die Videosprechstunde sei ein typisches Beispiel dafür, wie in der kollektivvertraglichen Versorgung Innovationen verhindert würden, sagte Weigeldt.