E-Health

Neue Gesundheitscloud stellt Patienten in den Mittelpunkt

Eine Datencloud, die die digitale Selbstbestimmung der Patienten zum obersten Ziel hat: Das will das Hasso-Plattner-Institut mit einem neuen Projekt in die Tat umsetzen. Solch patientenzentrierte Ansätze sind jedoch nicht unumstritten.

Von Marco Hübner Veröffentlicht:
Datencloud: Wer sich einstöpseln darf, um Gesundheitsinformationen zu erhalten, sollen laut HPI die Patienten selbst entscheiden.

Datencloud: Wer sich einstöpseln darf, um Gesundheitsinformationen zu erhalten, sollen laut HPI die Patienten selbst entscheiden.

© francis bonami / adobe.stock.de

BERLIN. Ärzten eine lückenlose Patientenhistorie zur Verfügung stellen. Gesundheitsinformationen in einer gemeinnützigen Cloud-Plattform speichern, die unter Einhaltung höchster Datenschutzstandards funktioniert. Und: Patienten zu den zentralen Herren über all ihre medizinischen Daten machen. Das ist das selbsterklärte Ziel, welches das Potsdamer Hasso-Plattner-Institut (HPI) mit seiner Gesundheitscloud erreichen will. Am Freitag wurde das neue Projekt unter dem Beisein von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) der breiten Öffentlichkeit vorgestellt.

Die Patientenzentrierung ist eine Besonderheit an der im Entstehungsprozess befindlichen Datenwolke für das Gesundheitswesen. "Der Patient hat das Recht auf seine eigenen Daten", begründet HPI-Stifter Professor Hasso Plattner den Start des Projekts am Potsdamer Exzellenzzentrum. Mündige Patienten sollen Zugang zu ihren Befunden und anderen Informationen bekommen und dann selbst entscheiden können, wer diese Daten in welcher Form nutzen soll. Das können laut den Entwicklern Ärzte, Angehörige, Wissenschaftler und andere seriöse Akteure sein. Das soll helfen, die zunehmenden Fragmentierung von Gesundheitsinformationen im System einzudämmen und so Kosten sparen.

Gesundheitsdaten bündeln

Es gebe immer mehr Gesundheits-Apps, Sensordaten und andere Quellen, deren Messergebnisse auf unterschiedlichen isolierten Datenbanken im Internet verteilt seien. Informationslücken, Missverständnisse und sogar Fehldiagnosen oder Fehlbehandlungen könnten dadurch entstehen, heißt es. Ob Blutbild, Röntgenaufnahme oder die täglich mittels Fitness-Armband gemessene Herzfrequenz, die Idee hinter der HPI-Cloud sei, alle Gesundheitsdaten an einem Ort zu bündeln und sicher zu speichern. Doch das sei nur der erste Schritt.

Spannend ist, dass die Entwickler planen, moderne Analysetechnologien in die Cloud zu integrieren. Die sollen dem HPI zufolge Einordnung von Diagnosen und Therapieoptionen für die Patienten leisten. Das soll helfen, die Gesundheitskompetenz der Nutzer zu fördern. Die geplante Analysefunktion ist jedoch nicht nur für die Patienten selbst gedacht, auch Ärzte sollen dieses Werkzeug an die Hand bekommen. "Durch die Anbindung medizinischer Forschungsdatenbanken könnten per Echtzeit-Suche neueste medizinische Erkenntnisse in die Behandlung einfließen", schreiben die Forscher auf der Website des HPI. Das könne eine individualisierte Behandlung zu geringeren Kosten ermöglichen.

Impulsgeber für die Forschung

Die Wissenschaft könne nach Ansicht der Entwickler ebenfalls profitieren. Denkbar sei die Freigabe anonymisierten Gesundheitsdaten für die medizinische Forschung, wenn die Patienten der Datenweitergabe zustimmen. Das HPI teile dabei die Auffassung renommierter Forscher, dass durch die Nutzung individueller Gesundheitsdaten Volkskrankheiten besser behandelt und die Heilungschancen erhöht werden könnten. Weitere konkrete Informationen zu dem neuen Projekt soll es aber erst auf dem vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veranstaltetem Digital-Gipfel am 13. Juni 2017 in Ludwigshafen geben, verriet eine Pressesprecherin des HPI auf Anfrage der "Ärzte Zeitung".

Ansätze, wie die des HPI, verfolgen auch einige andere Projekte: Das Universitätsklinikum Heidelberg und das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen wollen Patienten in der Krebsbehandlung ebenfalls zum Administrator einer Datencloud machen (wir berichteten). Dieser patientenzentrierte Ansatz ist allerdings nicht unumstritten. Kritiker fürchten, die Verwaltung der komplexen medizinischen Informationen könne die Patienten überfordern und zu Angst und Unsicherheit führen. Hier seien klare Spielregeln notwendig. Ein weiterer Punkt: Wie läuft die technische Anbindung der Ärzte? Ein Parallelsystem zur Praxis-EDV zu füttern, ist für Ärzte nicht selten ein gewichtiger Hemmschuh.

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