Ungewohnte Einstimmigkeit
Bei der E-Card geht es jetzt Schlag auf Schlag
Bei den Anwendungen für die elektronische Gesundheitskarte geht es jetzt Schlag auf Schlag. Noch im kommenden Jahr sollen Ärzte die Notfalldaten der Patienten auf der Karte speichern können. KBV und GKV-Spitzenverband geben sich ungewohnt einstimmig.
Veröffentlicht:Ganz ohne weitere Verzögerungen geht es nicht, aber es geht voran bei der elektronischen Gesundheitskarte (eGK): Erst im November ist der Startschuss für die Telematikinfrastruktur, die Datenautobahn für die Vernetzung im Gesundheitswesen, gefallen, nachdem die ersten Komponenten für den Online-Rollout (Konnektor, Kartenlesegerät, Praxisausweis SMC-B, erste Praxis-EDV-Systeme) zugelassen worden waren. Seitdem kann in Praxen, in denen die nötigen Geräte und die erforderliche Software stehen, der automatische Austausch der Versichertenstammdaten laufen.
In den Wochen vor Weihnachten hat die Selbstverwaltung nun die Pflöcke eingeschlagen für die Entwicklung der immer wieder von Ärzten angemahnten medizinischen Anwendungen der Karte. Nach Informationen der "Ärzte Zeitung" haben die Gesellschafter der gematik – also Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Krankenhäuser und Krankenkassen – am vergangenen Freitag die Rahmenbedingungen für die Zulassung der Komponenten unter anderem für das Notfalldatenmanagement beschlossen. Die erste medizinische Anwendung der Karte könnte damit im vierten Quartal 2018 ins Laufen kommen. Wenn alles gut geht.
Prozedere der Zulassung entschlackt
Zur Erinnerung: Auf der Gesundheitskarte sollen die wichtigsten Daten des Patienten, zum Beispiel Allergien, Impfungen, Blutgruppe, Dauerdiagnosen, für den Notfall direkt abrufbar gespeichert werden. Diese Anwendung liegt im Verantwortungsbereich der Bundesärztekammer, die dafür die nötigen Vorgaben zur Datenstruktur bereits gemacht hat. Die Anwendung ist auch bereits im Projekt NFDM-Sprint erfolgreich getestet worden.
Bereits im September hatten die Gesellschafter beschlossen, das Prozedere der Zulassung insgesamt zu entschlacken. Ausschreibungen und die Teilnahme an Erprobungen sind jetzt nicht mehr vorgesehen. Vereinfacht gesagt, soll die Entwicklung anhand der Spezifikationen und dann die Teilnahme an einem Feldtest über einige Wochen genügen, um die Zulassung zu bekommen. Damit hat die Industrie mehr Verantwortung dafür übertragen bekommen, dass die zugelassenen Komponenten auch funktionieren. Ziel der gematik ist es, dadurch die immer wieder auftretenden Verzögerungen zumindest zu reduzieren.
Nach Informationen aus der gematik liegen die Spezifikationen für das Notfalldatenmanagement vor, das heißt, die Entwickler können mit der Programmierung starten. Spätestens Ende des ersten Quartals sollen dem Vernehmen nach die Zulassungsbedingungen feststehen, sodass dann die Anträge vorgelegt werden könnten. Noch Mitte des Jahres könnten die auf sechs Wochen angelegten Feldtests beginnen, der Startschuss für das Notfalldatenmanagement über die Gesundheitskarte könnte dann schon im vierten Quartal 2018 fallen.
Acht Euro für Erstellung des Notfalldatensatzes?
So lange wollten Krankenkassen und KBV gar nicht erst warten – durften sie auch gar nicht, denn eigentlich hätte laut E-Health-Gesetz die Einigung sogar bereits Ende September erfolgen müssen. Im Erweiterten Bewertungsausschuss sind nun am Dienstagabend die Entscheidungen zum Honorar für die Erstellung, Aktualisierung und Löschung eines Notfalldatensatzes gefallen – einstimmig. Nun liege es an der Industrie, die Anwendung rechtzeitig bereitzustellen, hieß es. Schon zum 1. Januar 2018 sollen die neuen EBM-Nummern wirksam werden, auch wenn die Technik dafür noch gar nicht steht. Ähnlich war es auch bei der Videokonferenz gewesen, die zum 1. April 2017 als Leistung eingeführt wurde – die ersten Anbieter erhielten jedoch erst im Sommer ihre Zulassung.
Über die genaue Höhe der Vergütung war bei der KBV am Mittwoch allerdings noch keine Auskunft zu bekommen. Nach unbestätigten Informationen der "Ärzte Zeitung" sollen Ärzte, die einen Notfalldatensatz für einen Patienten auf der Karte erstellen, dafür acht Euro erhalten. Außerdem soll dem Vernehmen nach die Versichertenpauschale geringfügig erhöht werden, um den Mehraufwand abzudecken.
Experten sind skeptisch, ob ein solches Honorar reichen würde, um die Anwendung für Ärzte attraktiv zu gestalten. In Flensburg hatten die Ärzte in einem früheren Test für die Notfalldaten 25 Euro ausgezahlt bekommen – was aufgrund des komplizierten Ablaufes als zu niedrig eingeschätzt worden war. Allerdings sind die technischen Voraussetzungen heute anders als in dem früheren Test, wie das Projekt NFDM-Sprint gezeigt hat.
Als weitere Hürde für das NFDM könnte sich erweisen, dass nicht jeder Konnektor-Hersteller notwendigerweise jede Anwendung auch umsetzen muss. Nur wenn die Honorierung der Anwendung attraktiv genug ist und damit die Hersteller Nachfrage der Ärzte für den ja zusätzlich zu bezahlenden Dienst erwarten können, dürfte sich die Entwicklung der neuen Anwendung für den Konnektor lohnen. Daran wird sich im nächsten Jahr die Selbstverwaltung mit ihren Honorarbeschlüssen messen lassen müssen.