Telemedizin-Bilanz
E-Health – Das digitale Rückgrat des Südens
Medizin und Pflege hat sich Baden-Württemberg zu einem zentralen Schwerpunktthema innerhalb seiner Digitalisierungsstrategie gemacht. Das Ländle will Innovationstreiber bleiben, wie es im ersten Digitalisierungsbericht heißt.
Veröffentlicht:STUTTGART. In puncto E-Health zieht Baden-Württemberg alle Augen von Vertretern der Gesundheitspolitik und -wirtschaft in Deutschland auf sich: Denn nachdem der diesjährige Deutsche Ärztetag in Erfurt im Mai den Weg für die ausschließliche Fernbehandlung freigemacht hat, läuft im Ländle seit April mit dem Modellprojekt DocDirekt die bundesweit erste ausschließliche Fernbehandlung für Kassenpatienten .
Das kommt nicht von ungefähr, hat die Landesregierung in Stuttgart die Digitalisierung in Medizin und Pflege zu einem zentralen Schwerpunktthema der Digitalisierungsstrategie digital@bw gemacht, wie sie in ihrem jetzt veröffentlichten, ersten Digitalisierungsbericht schreibt.
Im Zusammenhang mit DocDirekt spricht die Landesregierung davon, "einen besonderen Wettbewerbsvorteil" genutzt zu haben, um innovative telemedizinische Lösungen voranzubringen. "Denn in Baden-Württemberg hat die Landesärztekammer bereits in 2016 das Fernbehandlungsverbot gelockert, so dass wir heute schon reine Fernbehandlungsprojekte modellhaft erproben können", heißt es.
Vier zentrale Handlungsfelder
Mit der ambulanten und stationären Versorgung, der sektorenübergreifenden Versorgung, der Pflege sowie der Personalisierten Medizin habe die baden-württembergische Landesregierung für Digital Health vier Handlungsfelder definiert, die es zu optimieren gelte, wie sie im Bericht schreibt.
Zu den zentralen Vorhaben, die bereits auf den Weg gebracht worden seien, gehörten 14 Projekte, die das Ministerium für Soziales und Integration im Rahmen eines Förderaufrufs identifiziert habe und seit November 2017 mit insgesamt rund vier Millionen Euro fördere. Neben DocDirekt sind dies unter anderem:
- TelePracMan: unterstützt Patienten mit mehreren chronischen Erkrankungen mit einer App, die unter anderem Symptome in einem digitalen Tagebuch aufzeichnet und Vitalwerte protokolliert. So sollen unnötige Krankenhausaufenthalte vermieden werden.
- Internetbasierte Psychotherapie bei Kindern und Jugendlichen mit Zwangsstörungen: Im Fokus steht hier die Entwicklung einer webbasierten, kognitiven Verhaltenstherapie, die auch Betroffene in Regionen mit erschwerten Zugängen zu spezialisierten Therapien ortsunabhängig Zugang zu einer Behandlung ermöglichen soll.
- Beckenboden-Trainings-App: Inkontinenz-Patienten sollen mit digitalen und personalisierten Methoden besser behandelt werden, um so Einweisungen in Alters- und Pflegeheime zu verhindern.
- Digitalisierte Bildverarbeitung beim akuten Schlaganfall in einem überregionalen Klinikverbund: Mittels spezieller Software sollen Bilder vor Ort bei Patienten erstellt und an die zuständige Klinik für Neuroradiologie in Freiburg übertragen werden. Damit werde wertvolle Zeit genutzt, um Insult-Patienten optimal zu versorgen.
- Webbasierte Plattform für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen: In den Landkreisen Ravensburg und Bodensee wird dieses Projekt als Wegweiser für die Planung von individuellen medizinischen Versorgungsangeboten eingerichtet.
- Teleintensivmedizin-Plattform: Diese Lösung soll die intensivmedizinische Versorgung von Patienten mit komplexen Krankheitsbildern flächendeckend sicherstellen. Dazu werden Gesundheitsdienstleister telemedizinisch vernetzt. Der Pilot wird mit dem Zollernalb-Klinikum Albstadt realisiert.
- Kinderland BW – Digitalisierte Sprechstunde für Kinder und Jugendliche mit Diabetes: Die digitale Plattform soll auch zum Austausch von Befunden und Vitaldaten zwischen Klinik, Patienten, Angehörigen oder Hausärzten dienen.
- Ich für mich – für Dich zur Entlastung pflegender Angehöriger: Das Angebot setzt auf Videokonsultationen für pflegende Angehörige.
- PM-Portal: Der Aufbau des Portals für die Personalisierte Medizin dient laut Bericht als ein Schlüsselprojekt für deren Weiterentwicklung und Verankerung in der Regelversorgung. Im Mittelpunkt stehen die onkologische Diagnostik und Behandlung. Alle behandelnden Ärzte sollen standortübergreifend vernetzt und die Informationsaufbereitung harmonisiert werden. Die nach Qualitätskriterien zu entwickelnden Behandlungszentren sollen eine Steuerfunktion übernehmen und die Patienten zu den Behandlungsmöglichkeiten beraten.