Digital Health

Zwischen Fluch und Heilsversprechen

Apps und Wearables können Krankheiten vermeiden helfen. Doch es gibt Grenzen für ihren Einsatz.

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MÜNCHEN. Fluch oder Segen – wovon bringen Wearables, Apps & Co mehr mit sich?

„Es gibt viele Beispiele, die auf die fantastischen Vorteile hinweisen“, sagte Shalini Palmer von der US-Firma Analog Devices bei der diesjährigen Auflage der Fachmesse „Electronica“ in München. Erstmals gab es auf der Messe einen eigenen Veranstaltungstag für Medizintechnik.

Die Vorteile von Digital Health Produkten zeigten sich laut Palmer etwa dann, wenn sie Krankheiten feststellten, die sonst übersehen worden wären.

Das könne etwa bei Herz- oder Lungenkrankheiten der Fall sein. Dann könnten die digitalen Messgeräte Leben retten. Aber sind moderne Technologien eine Paradelösung, angesichts der Überalterung, hoher Krankheitslast, teurer Medizin und strapazierter Budgets?

Es sollte valide, schnell verügbar und leicht verständlich sein

„Was immer da drin ist, muss valide sein“, sagte Palmer über die Alltags-Messgeräte. Um deren Daten für Diagnostik oder Therapie zu verwenden, müssten sie aussagekräftig sein.

Zugleich sollten sie schnell verfügbar und leicht verständlich sein. Dazu müssten die von Sensoren erfassten Parameter über eine integrierende Cloud oder Plattform mit geeigneten Algorithmen analysiert und aufbereitet werden. Wenn das gelinge, spare es nicht zuletzt Zeit, die Ärzte dann etwa für Patienten zur Verfügung hätten.

Derzeit gebe es enorme Mengen an Gesundheitsdaten, die blieben aber laut einem Bericht von McKinsey größtenteils ungenutzt. Nicht zuletzt sei bei Apps & Co die Compliance zu beachten, waren sich die Experten einig. Denn: Ob Sensor für Herzrate oder EKG, Sauerstoffgehalt oder Schrittzahl, die Anwendung sei oft von kurzer Dauer.

„Die Leute verwenden das, wenn sie einen wirklichen Vorteil davon haben“, resümierte Dr. Johannes Kreuzer von der Münchner cosinuss GmbH. Leicht anwendbare Produkte, deren Nutzen unmittelbar nachvollziehbar sei, hätten gute Chancen auf Compliance.

Plattformen ermöglichen, verschiedene Messwerte zu integrieren

Als sinnvoller Einsatzbereich wird neben Prävention und Früherkennung vor allem das Monitoring chronischer Krankheiten gesehen.

So könnten Patienten mit Diabetes, Krebs oder Herzkrankheiten besser behandelt werden. Bei diesen Krankheiten kann ein großer Teil der Datenerfassung im Alltag der Patienten stattfinden.

Spezielle Plattformen ermöglichen dabei, verschiedene Messwerte zu integrieren. Durch das genaueres Monitoring könnte der Verlauf von Krankheiten verbessert werden.

Andere Digital Health Produkte sollen das von der Seite der Ärzte aus erreichen. Dr. Christoph Hennersperger vom irischen Unternehmen One Projects stellte eine Methode vor, die Herzoperationen optimieren soll. Das bildgebende Verfahren „Verafeye“ soll Ablationen bei Arrhythmien steuern helfen.

„Das funktioniert in 3D und in Echtzeit“, so Hennersperger. So sollen die Op genauer werden, und ein Eingriff genügen, wo bisher oft mehrmals operiert wird.

Wie Palmer erläuterte, gingen aktuelle Trends nicht zuletzt wegen der hohen Kosten dahin, Patienten möglichst früh aus der Klinik zu entlassen. Mit geeigneten Technologien könne ihre Gesundheit zu Hause aber weiter überwacht werden.

Strukturen werden sich verändern

Insgesamt zeichne sich ab, dass sich Ärzte und andere Gesundheitsberufe womöglich bald an veränderte Strukturen anpassen müssten. „Die Gesundheitsversorgung der Zukunft wird sich viel mehr an einem ergebnisbasierten Modell orientieren“, so Palmer.

Maßgabe für Finanzierung seien dann möglicherweise die konkreten Ergebnisse, nicht die erbrachten Leistungen. Es müsse sich zeigen, wie dabei die unterschiedlichen Ziele von Ärzten, Gesundheitsfirmen, Technologieherstellern, Politik oder Versicherungen integriert werden könnten.

„Alle Stakeholder haben andere Ziele und andere Erfolgsmaße“, stellte Palmer fest. Für Weiterentwicklungen im Bereich Digital Health sei es aber unumgänglich, dass die Akteure kooperierten.

„Medizinische Daten und Fitnessdaten sollten integriert werden“, so Andrew Burt von der US-Firma Maxim Integrated. Die Produkte müssten aber auch auf die umstrittene Frage der Datensicherheit adäquate Antworten geben.

Uneinig waren sich die Experten, wie sich dauernde Selbstvermessung auf den Einzelnen auswirke. Ein gesünderer Lebensstil wurde ebenso als möglich diskutiert wie hypochondrische Reaktionen bei abweichenden Messwerten. (cbm)

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