D21-Digital-Index
Warum junge, städtische Bürohengste offen für Telemedizin sind
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist nicht nur eine Frage des technisch Machbaren. E-Health ist auch Kopfsache – die Bevölkerung muss die digitalen Möglichkeiten verstehen und akzeptieren. Auf dem Weg dahin gibt es Fortschritte, zeigt der D21-Digital-Index.
Veröffentlicht:BERLIN. Online-Videosprechstunden mit dem Haus- oder Facharzt und andere telemedizinische Anwendungen stecken in Deutschland noch in den Kinderschuhen. 26 Prozent könnten sich das Wahrnehmen der Videosprechstunde vorstellen, 27 Prozent sind generell offen für telemedizinische Angebote. Aber: Erst ein Prozent der Wohnbevölkerung ab 14 Jahre hat bereits mit Telemedizin Erfahrungen gesammelt.
Das geht aus dem am Dienstag in Berlin veröffentlichten, bevölkerungsrepräsentativen D21-Digital-Index 2018/2019 im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums hervor. Die große Gesellschaftsstudie bietet ein jährliches Lagebild zum Digitalisierungsgrad der Gesellschaft in Deutschland.
Bürojob ebnet Weg zur Telemedizin
Wie nicht anders zu erwarten, zeigt der Digital-Index, dass das Interesse an Telemedizin und die Bereitschaft zu deren Inanspruchnahme von vielen Faktoren abhängt – darunter dem Alter, der Berufstätigkeit, dem Bildungsstand sowie dem Wohnort. Mit 48 Prozent am offensten für Telemedizin zeigen sich demnach Beschäftigte mit einem Bürojob – betrachtet man die Gruppe der Berufstätigen insgesamt, sinkt der Wert auf 34 Prozent. Hingegen zeigt nur jeder fünfte Nichtberufstätige Interesse an der Telemedizin.
Mit Blick auf die Alterskohorten zeigt sich, dass mit 41 Prozent die Offenheit für Telemedizin in der Gruppe der 30- bis 39-Jährigen am höchsten ist, gefolgt von 35 Prozent bei den 14- bis 19-Jährigen. Großstädter sind laut Studie „deutlich interessierter daran, ihr digitales Wissen auszubauen und neueste Trends im digitalen Umfeld kennenzulernen.“
Dementsprechend stünden sie der zukünftigen Nutzung neuer Technologien aufgeschlossener gegenüber als Bürger in den ländlichen Regionen. Letztere sollen, so der gesundheitspolitische Konsens, angesichts des Facharztmangels in verschiedenen Regionen überdurchschnittlich von telemedizinischen Angeboten profitieren.
Handlungsbedarf laut Wirtschaftsminister
Hier sieht auch Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) Handlungsbedarf. „Die positive Wirkung der Digitalisierung wird sich schließlich nur dann für alle entfalten, wenn der Wandel in der Mitte der Gesellschaft verankert ist und er von allen gesellschaftlichen Gruppen angenommen wird.“ Altmaier dringt auf eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz digitalisierter Gesundheitslösungen. E-Health sei ein Anwendungsbereich, in dem „die Digitalisierung der Gesellschaft einen besonders hohen Nutzen entfalten kann.“
Dies gelte auch für das Zukunftsthema Künstliche Intelligenz, die neue Anwendungsbereiche in Wirtschaft, Verwaltung und Gesellschaft erschließen und gleichzeitig soziale Teilhabe, Handlungsfreiheit und die Selbstbestimmung der Bürger fördern solle.
Hannes Schwaderer, Präsident der D21-Initiative, stützt Altmaiers Kurs und fordert implizit eine Technikfolgenabschätzung „Unser Leben wird immer stärker automatisiert und vernetzt, aktuell stehen wir beispielsweise im Gesundheitssektor (E-Health) vor revolutionären Möglichkeiten, die wir jedoch gesellschaftlich bewerten müssen. Und auch technisch komplexere Technologien, wie die Künstliche Intelligenz, nehmen immer stärkeren Einfluss auf unseren Alltag und unser Zusammenleben. Daher ist es umso wichtiger, dass wir auf einer breiten gesellschaftlichen Basis zwar kritisch, aber chancenorientiert und vor allem selbstbestimmt steuern können, wie wir leben möchten“, hebt Schwaderer hervor.
Hoffnungsschimmer Implantate
Hohe Erwartungen an den Nutzen digitalisierter Gesundheitsangebote scheint es innerhalb der Gesellschaft zu geben. So würden sich 41 Prozent der Deutschen ab 14 Jahre wohlfühlen mit einem Implantat, das bei Bedarf ein Medikament abgibt, Gesundheitswerte überwacht und im Notfall den Arzt informiert.