Seenotrettung
Telemedizin zur optimierten Behandlung Schiffbrüchiger angestrebt
Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) finanziert ihr Engagement einzig und allein mit Spenden. Nun werden Gönner gesucht, die die Arbeit der Ärzte an Bord der 20 Seenotkreuzer mit modernster Telemedizin ermöglichen sollen.
Veröffentlicht:Den Rettern stand ein Ruderboot zur Verfügung, Überlebende wurden mit einem Stück Brot wieder aufgepäppelt. Im Vergleich zu den Anfängen der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) im Jahr 1865 hat sich vieles verbessert. 59 modern ausgestattete Rettungsschiffe (20 Kreuzer und 39 Seenot-Rettungsboote) stehen an 54 Stationen rund um die deutsche Nord- und Ostseeküste zur Verfügung. 180 haupt- und 800 ehrenamtliche Seenotretter sind im Einsatz, um rund um die Uhr und bei jedem Wetter in See stechen zu können und Hilfe zu leisten. So konnten im Laufe der Jahre mehr als 84.000 Menschen aus Seenot gerettet werden. Allein im vergangenen Jahr gab es über 2000 Einsätze in Nord- und Ostsee, die 368 Kranken- und Verletztentransporte erforderten.
Ärzte arbeiten ehrenamtlich
Darunter sind auch ungewöhnliche Fälle wie der vor der Fehmarnsundbrücke, wo im vergangenen Jahr zwei Angler von einem giftigen Fisch gestochen wurden. Oder die Segelyacht zwischen Borkum und Norderney, auf der drei Kinder mit Medikamentenvergiftung geborgen werden mussten. In solchen Fällen ist oft der sofortige ärztliche Einsatz notwendig. Aus einem Pool von ehrenamtlichen Ärzten wird je nach Standort und Situation ausgewählt, wer helfen könnte. Mal sind sie schon ab Hafen an Bord, mal werden sie per Hubschrauber zur Unglücksstelle auf See gebracht. Damit die medizinische Hilfe noch wirksamer wird, will die DGzRS ihre 20 Kreuzer nun mit moderner Telemedizin ausstatten. "Das kostet je Kreuzer rund 20.000 Euro", berichtete der Leiter der Hamburger DGzRS-Repräsentant Ralf Krogmann kürzlich auf dem Jahresempfang der Stiftung Gesundheit. Der Kapitän machte auch deutlich, woher das Geld kommen muss: "Wir finanzieren uns über Spenden."
Zwar ist die Ausrüstung an Bord seit 1980 mit der von Rettungswagen an Land vergleichbar, Telemedizin aber könnte die Hilfe noch einmal deutlich wirksamer machen. Krogmann zählte auf, warum das an Bord wichtig wäre: "Die Distanzen sind größer und die Transporte dauern länger." Hinzu kämen Erschwernisse durch Wind und Wetter – das Bergen und der Transport von Patienten bei Seegang bleibt zwar trotz aller Technik eine besondere Herausforderung, die Arbeit an Bord könnte aber erleichtert werden.
So könnte etwa eine telemedizinische Beratung durch Notärzte erfolgen, wenn es nicht gelungen ist, einen Arzt an Bord zu holen. Die Telemedizin würde die Übertragung von Vitalparametern an ein medizinisches Zentrum und die Beurteilung durch einen Arzt erlauben, EKG-Befundungen bei Herzinfarktverdacht oder bei Herzrhythmusstörungen könnten fernmündlich und -bildlich erfolgen, Bildmaterial von Verletzungen, Verbrennungen oder Allergien könnten an Experten verschickt und Laienreanimationen von Ärzten aus der Ferne geleitet werden.
Zunehmender Verkehr auf Nord- und Ostsee
Die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen von der Telemedizin an Bord profitieren, steigt von Jahr zu Jahr, weil immer mehr Menschen in ihrer Freizeit auf Nord- und Ostsee unterwegs sind, weil immer mehr Frachter mit ihren Besatzungen Ladung auf hoher See transportieren und weil es inzwischen zahlreiche Offshore-Windparks gibt, die Wartung erfordern. Intensive Schlechtwetterperioden mit anhaltenden Starkwind- und Sturmphasen lassen für all diese Bereiche das Risiko steigen. Der "virtuelle Notarzt", den sich Krogmann durch Telemedizin erhofft, ist aus seiner Sicht unerlässlich, um auf die Herausforderungen reagieren zu können.
Einen wichtigen Schritt in diese Richtung hat die Charité-Tochter Global Health Care (GHC) schon vor einigen Jahren mit dem von ihr entwickelten System "Aesculink" getan. Wie berichtet, hat die DGzRS mit der Charité und dem Unfallkrankenhaus Berlin vereinbart, dass die Ärzte dieser Häuser für eine telemedizinische Betreuung bereitstehen, wenn die Seenotkreuzer entsprechend ausgerüstet sind. Mit der Rettung durch die Besatzung von Ruderbooten aus den Anfängen der Gesellschaft hat das trotzdem noch immer viel zu tun – denn die Seenotrettung bleibt immer von den Menschen abhängig, die das Risiko auf sich nehmen, bei Unwetter hinauszufahren.
Spendenkonto: Sparkasse Bremen
IBAN: DE36 2905 0101 0001 0720 16; BIC: SBREDE22
Info:www.seenotretter.de