Telemonitoring
IQWiG bleibt bei Herz-Implantaten auf Linie
Kardiologen setzen viel auf das Telemonitoring mit Herz-Implantaten. Das IQWiG beeindruckt das nicht: Es sieht weiter weder Nutzen noch Schaden.
Veröffentlicht:BERLIN. Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) ließ sich nicht überzeugen. Im Abschlussbericht zum Telemonitoring mit kardialen Implantaten bleibt das Institut bei seiner Einschätzung: Der Nutzen könne auf Basis vorliegender Studien nicht bewertet werden. A
ls das IQWiG im August 2017 in seinem Vorbericht zum Telemonitoring von Patienten mit implantierbarem Kardioverterber/Defibrillator (ICD) bzw. kardialer Resynchronisation (CRT) weder Vor- noch Nachteile gegenüber der Standardversorgung sah, reagierten viele Kardiologen entrüstet.
Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK) verfasste eine Stellungnahme und kritisierte, dass Studien mit diversen Telemonitoring-Konzepten über einen Kamm geschert worden seien.
Kardiologen sehen Unterschiede
Die Kardiologen sehen einen Unterschied zwischen Ansätzen, bei denen nur sporadisch ausgewählte Parameter übermittelt werden und die Compliance oft suboptimal ist, und einem engmaschigen Multiparameter-Monitoring mit Service-Center, bei dem klare Handlungsalgorithmen für unterschiedliche Monitoring-Konstellationen hinterlegt sind.
Letzteres war der Fall in der IN-TIME-Studie, die im primären Komposit-Endpunkt einen hoch signifikanten, von der Gesamtsterblichkeit (sekundärer Endpunkt) getriebenen Vorteil des Telemonitorings gezeigt hatte.
Die Ausführungen der DGK, die von einer eigenen statistischen Nachanalyse hinterlegt waren, die die unterschiedlichen Telemonitoring-Ansätze auseinanderdividierte, konnten die IQWiG-Experten aber letztlich nicht überzeugen.
Das Institut bleibt bei der Einschätzung, dass sich hinsichtlich Mortalität, Schlaganfällen, kardialer Dekompensation, Schockabgabe, Herzinfarkten und Klinikeinweisungen keine Vor- oder Nachteile des Telemonitorings erkennen ließen.
Es bleibt auch dabei, dass Lebensqualität und unerwünschte Wirkungen nicht beurteilt werden, da zu unerwünschten Wirkungen von 42 Prozent der Patienten und zur Lebensqualität von 82 Prozent der Patienten Daten fehlten.
Abschlussbericht geht auf IN-TIME-Studie ein
Ganz ohne Echo blieb die Intervention der DGK aber nicht: Der jetzt vorliegende Abschlussbericht geht, anders als der Vorbericht, auf die IN-TIME-Studie und die Frage unterschiedlicher Monitoring-Konzepte ein.
Bei den Endpunkten Mortalität und kardiovaskuläre Mortalität wird im Einklang mit der Studienpublikation ein Vorteil eines engmaschigen Multiparameter-Monitorings à la IN-TIME gegenüber der Kontrollgruppe gesehen.
Allerdings sei die Nachsorge in IN-TIME weniger intensiv als in anderen Studien gewesen. Sie sei auch "weniger engmaschig als im deutschen Versorgungskontext üblich", so der Bericht, der sich dabei allerdings nicht auf aktuelle Versorgungsdaten, sondern auf die Leitlinie zur Implantation von Defibrillatoren aus dem Jahr 2006 bezieht.
Konkret seien die Patienten in IN-TIME erst nach zwölf Monaten zum ersten Mal persönlich in die Arztpraxis gekommen. Vor diesem Hintergrund könne auch eine Unterversorgung im Kontrollarm das Studienergebnis erklären oder teilweise erklären, womit auch der Nutzen eines Telemonitorings nach IN-TIME-Protokoll als unklar einzustufen sei.
Studienleiter kontert Gutachtern
IN-TIME-Studienleiter Professor Gerhard Hindricks vom Herzzentrum Leipzig sieht das anders: "Die Nachsorge im Kontrollarm entsprach in allen Bereichen den landesüblichen Standards. Wir haben keine Hinweise darauf, dass hier eine weniger intensive Betreuung und somit möglicherweise Unterversorgung stattgefunden hat."
Der Kardiologe bleibt auch bei seiner Einschätzung, wonach eine intensive und technologisch ausgereifte Telemedizin die Behandlung von Defibrillator-Patienten mit schwerer Herzinsuffizienz nachhaltig und signifikant verbessere.
"Trotzdem wäre eine randomisierte Studie mit dem primären Endpunkt Gesamtsterblichkeit zur Bestätigung dieser Ergebnisse natürlich wünschenswert", so Hindricks zur Ärzte Zeitung.