Die Wirtschaftskrise hat jetzt auch die Schiffsfonds erwischt
Durch den drastischen Einbruch im Welthandel sind Anleger geschlossener Schiffsfonds in raue See geraten. Für Anleger ist es schwer aus den Fonds wieder herauszukommen.
Veröffentlicht:Dramatisch gesunkene Charterraten, viele Frachter ohne Beschäftigung - die schlechte Wirtschaftslage hat bereits elf Schiffsfonds in die Insolvenz getrieben. "Mindestens 140 weitere Fonds befinden sich in Schieflage", schätzt der Hamburger Schifffahrtsexperte Jürgen Dobert. Damit steckt jeder zehnte der insgesamt rund 1400 Schiffsfonds in erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten.
Im Sommer 2008 betrug die durchschnittliche Tagesrate für ein Schiff mit 3500 Standardcontainern noch 29 500 US-Dollar. (20 000 Euro). Heute sind es nur noch 5750 US-Dollar (3896 Euro). "Damit erwirtschaften selbst Schiffe, die noch Fracht haben, für ihre Fonds oft nicht genug Geld, um Zins und Tilgung der Bankdarlehen zu bedienen", sagt Dobert.
Die Fondsgesellschaften haben in der Regel mehr als 50 Prozent der Schiffserwerbskosten mit Krediten finanziert. Das rechnete sich in der Vergangenheit, weil damals die Erträge aus den Frachtraten weit über den Zinskosten lagen.
Jetzt streichen nicht nur immer mehr Initiatoren Not leidender Fonds die Ausschüttungen. In mehr als 20 Fällen wurden Anleger bereits aufgefordert, Kapitalnachschüsse zu leisten oder bereits erhaltene Ausschüttungen wieder an den Fonds zu zahlen, damit die Bankdarlehen weiter bedient werden können. "Anleger sind bei den als Kommanditgesellschaften konzipierten Fonds nicht gezwungen, Nachschüsse zu leisten", sagt der Münchner Anwalt Peter Mattil. Fährt der Fonds in die Pleite, kann der Insolvenzverwalter jedoch einen Teil der bereits gezahlten Ausschüttungen zurückfordern. Das liegt daran, dass die Ausschüttungen in den Anfangsjahren zum Teil aus dem Eigenkapital der Anleger generiert werden.
Ein Ausstieg aus einem Not leidenden Fonds ist kaum möglich, weil niemand die Anteile am Zweitmarkt kaufen will. Allerdings können geschädigte Anleger erwägen, die Vertriebsgesellschaft oder die Bank, die ihnen die Anteile vermittelt hat, auf Rückabwicklung zu verklagen. "Diese Möglichkeit besteht dann, wenn der Vertrieb nicht bei der Beratung offen gelegt hat, in welcher Höhe er Provisionen vom Initiator erhält", sagt Mattil. Der Bundesgerichtshof hat klargelegt, dass Anleger vollumfänglich über die Provisionsleistungen informiert werden müssen.
Auslöser der Krise ist der Crash am Eigenheimmarkt in den USA. Weil das Vermögen der amerikanischen Familien durch den Preisverfall der Immobilien drastisch gesunken ist, kaufen sie immer weniger Güter aus Fernost und Europa. Weltweit ist die Warenproduktion 2008 um mehr als fünf Prozent eingebrochen - und damit auch die Nachfrage nach Frachtkapazitäten.
Erschwerend kommt hinzu, dass viele Initiatoren 2007 noch neue Schiffe auflegen ließen - in Erwartung einer Fortsetzung des damaligen Wirtschaftsbooms. "Jetzt werden die Frachter zu einem Zeitpunkt fertig gestellt, wo es nicht einmal annähernd ausreichende Beschäftigung für die bereits vorhandenen Schiffe gibt", sagt Dobert. Die Initiatoren versuchen nun, Aufträge zu stornieren oder zu strecken - mit eher bescheidenem Erfolg. Lloyd Fonds konnte bislang Schiffe im Wert 459 Millionen US-Dollar (314 Millionen Euro) abbestellen - das entspricht gerade einmal 21 Prozent des Bestellvolumens. Zwar bieten Werften bei Nachverhandlungen Preisnachlässe von bis zu zehn Prozent. "Das reicht aber nicht", sagt Lloyd-Chef Torsten Teichert.
Immerhin erwartet der Internationale Währungsfonds (IWF), dass die Weltwirtschaft 2010 wieder um 1,9 Prozent wachsen wird. Burkhard Lemper, Professor am Institut für Seewirtschaft und Logistik, geht davon aus, dass die Nachfrage nach Frachtraum auf Containerschiffen, Bulkern und Tankern im nächsten Jahr um 1,8 Prozent steigen wird. "2011 könnte das Mengenwachstum sogar um vier Prozent zulegen." Dobert bezweifelt aber, dass das ausreicht, um "der Überkapazitäten im Seefrachtangebot Herr zu werden".