Ärzte sind mit Gesundheitsdaten oft zu sorglos
Die elektronische Gesundheitskarte ist immer wieder wegen der Sorge um die Datensicherheit im Gespräch. Doch die eigentlichen Risiken liegen gar nicht in der Karte. Das zeigte eine Diskussion am 4. Europäischen Datenschutztag in Berlin.
Veröffentlicht:BERLIN. Das ist selten: Datenschützer, Vertreter der Bundesärztekammer, Verbraucherschützer und selbst ein Vertreter des Chaos Computer Clubs sind sich (ziemlich) einig: An der Datensicherheit ist bei der elek-tronischen Gesundheitskarte (eGK) und der dahinter liegenden Telematikinfrastruktur zur Vernetzung aller Beteiligten im Gesundheitswesen kaum etwas auszusetzen.
"Der Zugriff auf die Patientendaten ist nur im Zusammenspiel der eGK und des elektronischen Arztausweises möglich. Der Schlüssel zur Sicherheit ist dieses Zwei-Schlüssel-Prinzip", sagte Dr. Franz-Josef Bartmann, Vorsitzender des Ausschusses Telematik der Bundesärztekammer und Kammerpräsident in Schleswig-Holstein, bei einer Veranstaltung zum 4. Europäischen Datenschutztag, der unter dem Leitthema Datenschutz im Gesundheitswesen stand.
Das eigentliche Risiko liegt in kleinen Insellösungen
Er habe auf jedem Ärztetag mit der Opposition zu kämpfen, wenn es um die Telematikinfrastruktur gehe, so Bartmann weiter. Aber das eigentliche Risiko liege derzeit in den Insellösungen, die in manchen Arztnetzen aufgebaut würden, bei denen "der Datenschutz oft gar keine Rolle spielt". Erst vor kurzem habe er auf einer Konferenz wieder gesehen, wie bei der Vernetzung vorgegangen wird. "Stecker rein, fertig. Die Daten gehen auf einen externen Server im Vertrauen, dass schon alles seine Richtigkeit hat", sagte Bartmann weiter. Das Recht zur informationellen Selbstbestimmung des Patienten komme häufig überhaupt nicht zum Tragen.
Die Haltung Bartmanns zur Sicherheit der eGK wird auch von den Verbraucherschützern geteilt: "Die Verbraucherzentrale unterscheidet sich in der Meinung nicht von der Bundesärztekammer. Wir begleiten das eGK-Projekt bedingt positiv", sagte Dr. Stefan Etgeton, Leiter Fachbereich Gesundheit im Verbraucherzentrale Bundesverband. Die Datensicherheit sei "das entscheidende Argument für die Akzeptanz", so Etgeton weiter. Wichtig sei vor allem, dass die Freiwilligkeit der Speicherung von Krankheitsdaten nicht ausgehöhlt wird. Es dürfe auch keine Vergünstigungen für Versicherte geben, etwa beim Beitrag, wenn sie ihre Daten in einer Patientenakte speichern. "Der Nutzen muss für den Patienten so evident sein, dass er die Daten freiwillig speichert", sagte Etgeton.
"Die Kryptografie ist relativ vernünftig gemacht"
Vom Sicherheitsniveau der Karte zeigten sich auch die Datenschützer bei der Veranstaltung überzeugt. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz fordert sogar, "die ins Auge gefassten Änderungen bei der eGK dürfen auf keinen Fall zu einer Absenkung des Sicherheitsniveaus führen". Selbst der Chaos Computer Club (CCC) scheint der Karte einiges abzugewinnen: "Die Kryptografie ist relativ vernünftig gemacht", sagte Felix von Leitner vom CCC Berlin. Allerdings seien die Anforderungen an die eGK nicht widerspruchsfrei. Und: "Ich möchte, dass ein Arzt, der einen Patienten behandelt, 80 bis 90 Prozent seines Hirns für die Behandlung frei hat", sagte von Leitner. Man dürfe die Ärzte mit der Sorge um die IT-Sicherheit nicht überfordern.