Hintergrund

Neue Kartenleser für die Praxen: Erste Regionen preschen vor

Krankenkassen und Ärzte einigen sich auf einen Fahrplan für die Ausgabe der neuen eGK-Lesegeräte. Doch ob die elektronische Gesundheitskarte nach dem Rollout ein Erfolg oder eine Pleite wird, entscheidet sich an anderer Stelle.

Philipp Grätzel von GrätzVon Philipp Grätzel von Grätz Veröffentlicht:
Ärzte werden für eGK-Lesegeräte einen Online-Anschluss brauchen.

Ärzte werden für eGK-Lesegeräte einen Online-Anschluss brauchen.

© dpa

Nun soll sie also kommen, die elektronische Gesundheitskarte. Seit Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler den Krankenkassen gesetzlich mit dem Entzug von zwei Prozent ihrer Verwaltungskosten droht, falls diese nicht bis Jahresende mindestens zehn Prozent ihrer Versicherten mit elektronischen Gesundheitskarten ausstatten, hört man zwar viel Murren auf Kassenseite.

Doch Geld zieht immer im Gesundheitswesen. Und so gibt es nun, nach der bereits Ende 2010 erfolgten Einigung auf die Höhe der Erstattungspauschalen - 355 Euro für stationäre Lesegeräte, 280 Euro für mobile Leser und 215 Euro für die Installation - auch einen Fahrplan, der besagt, dass die neuen Lesegeräte im zweiten und dritten Quartal auszurollen seien.

Das erscheint realistisch: "Lieferengpässe sind nicht zu befürchten", betont eine Sprecherin der Kassenärztlichen Bundesvereinigung im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung". Bei den Herstellern der Lesegeräte klingt das überwiegend ähnlich. Teilweise wurden ohnehin bereits Lagerkapazitäten aufgebaut.

Interessanter ist die Frage nach der regionalen Umsetzung. Die Gesamthöhe der Pauschale ist fix. Doch es gibt Spielräume für regionale Vereinbarungen, sowohl was den Ausgabezeitraum als auch was die Berücksichtigung möglicher Praxisbesonderheiten angeht.

Spannend wird auch die Inanspruchnahme der Pauschalen. Die Messlatte hat die KV Nordrhein gelegt. Dort riefen knapp 70 Prozent der berechtigten Praxen die Pauschalen für die neuen eHealth-BCS-Terminals beziehungsweise die mobilen Lesegeräte ab.

Zum weiteren Fahrplan des eGK-Rollouts äußern sich die Krankenkassen zurückhaltend. Beim GKV-Spitzenverband wird die Dauer des Gesamtrollouts auf "mindestens anderthalb Jahre" veranschlagt.

Es liege dabei im Ermessen der einzelnen Krankenkasse, ob die alte KVK rasch ersetzt werde, oder ob das sukzessive erst beim Ablauf der Gültigkeit erfolge. Tatsache ist, dass KVK und eGK parallel gelten.

Dass Versicherte allerdings bereit sein könnten, zwei Karten herumzutragen, um Ärzten ohne eGK-Lesegerät einen Gefallen zu tun, kann sich im politischen Berlin keiner so recht vorstellen.

Was die Daten angeht, unterscheidet sich die neue eGK von der alten KVK im Lichtbild und in Angaben zum Geschlecht und zum Zuzahlungsstatus. Letzteres macht allerdings so lange nur begrenzt Sinn, wie der Zuzahlungsstatus nicht aktualisiert werden kann.

Erst wenn das möglich ist, "weiß" die Arzt-EDV und im Gefolge der Apotheker, ob ein Patient zu einem beliebigen Zeitpunkt im Jahr schon zuzahlungsbefreit ist oder nicht. Das wäre an vielen Stellen eine Erleichterung.

Die Aktualisierung des Zuzahlungsstatus (und anderer Stammdaten) erfordert eine Online-Anbindung. Wenn es soweit ist, werden Arztpraxen diese zur Verfügung stellen müssen. Nicht verpflichtet sind sie zur "Ankopplung" der Online-Verbindung an die Praxis-EDV.

Sollen allerdings Funktionen wie die bei der Bundesärztekammer angesiedelten elektronischen Notfalldaten sinnvoll und zeitsparend genutzt werden, geht an der Praxis-EDV kein Weg vorbei.

Die Notfalldaten liegen zwar auf der Karte. Sie benötigen aber die Signaturfunktionen des elektronischen Arztausweises, die ohne Online-Anbindung nicht zu haben sind.

Definitiv nötig ist die Online-Anbindung der Arztpraxis natürlich auch für den bei der KBV angesiedelten elektronischen Arztbrief, der mittlerweile "Komm-LE" (Kommunikation Leistungserbringer) heißt.

Vor Einführung der Onlinefunktionen steht eine Testphase, deren grober Rahmen vom Ministerium Mitte Januar per Rechtsverordnung festgezurrt wurde. Am 25. März sollen die so genannten Lastenhefte für das Versichertenstammdaten-Update, die elektronischen Notfalldaten und die Komm-LE in der Gesellschafterversammlung der gematik vorgelegt und abgestimmt werden.

Die gematik muss dann - bisher ohne Fristsetzung - mindestens zwei Testregionen ausschreiben oder eine Testregion ausschreiben und eine selbst betreiben.

Bleibt eine Einigung über die Ausschreibung der Testregionen oder deren Finanzierung aus, tritt das im vergangenen Jahr eingerichtete Schlichtungsverfahren der gematik in Kraft. Es ist so konzipiert, dass der Schlichter, Ex-Staatssekretär Klaus-Theo Schröder, innerhalb von vier Wochen eine Entscheidung herbeiführen kann.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Die E-Card ist noch lange nicht am Ziel

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