"Ärzte Zeitungs"-Umfrage
IGeL-Leistungen mit Augenmaß
Hausärzte setzen aufs Labor, Orthopäden auf alternative Medizin – und bei Selbstzahlerleistungen hat jede Fachgruppe ihren eigenen Schwerpunkt. Die "Ärzte Zeitung" hat Ärzte zu ihrem IGeL-Einsatz in Praxen befragt.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Selbstzahlerleistungen werden in Praxen so individuell angeboten, wie es ihr zweiter Name andeutet – Individuelle Gesundheitsleistungen. Das zeigen die Ergebnisse der Umfrage zu Selbstzahlerleistungen, die von der "Ärzte Zeitung" in Kooperation mit den Privatärztlichen Verrechnungsstellen "Die PVS" unter niedergelassenen Ärzten initiiert worden ist.
Fast 700 Ärzte haben sich an der Umfrage beteiligt.
Das IGeL-Spektrum in den Praxen ist demnach tatsächlich breit gefächert: 58 Prozent der Teilnehmer setzen einen Schwerpunkt in ihrem Selbstzahlerangebot bei Tauglichkeitsuntersuchungen und Attesten, knapp dahinter rangiert das Labor mit 57 Prozent.
Angebote rund um Freizeit, Urlaub, Sport und Beruf führen 36 Prozent der Ärzte als Schwerpunkt, gut drei von zehn Ärzten sind bevorzugt in alternativer Heilmedizin unterwegs, und 22 Prozent machen verstärkt Zuwendungsmedizin und therapeutische Angebote.
Breit gefächertes Spektrum
Leserumfrage zu Selbstzahler- Leistungen
» Titel der Umfrage: Selbstzahlerleistungen – immer wertvoller oder verzichtbare Add-ons?
» Initiatoren: Privatärztliche Verrechnungsstellen "Die PVS" und "Ärzte Zeitung"
» Zeitraum der Umfrage: 6. Oktober bis 5. November
» Teilnehmerzahl: 683 Ärztinnen und Ärzte aus fast allen Fachgruppen
Die Unterschiede zwischen den Fachgruppen sind teilweise erheblich. So liegen Hausärzte mit Tauglichkeitsuntersuchungen/Attesten (82 Prozent), Labor (73 Prozent) und Angeboten zu Freizeit/Urlaub/Sport/ Beruf wie Reisemedizin (51 Prozent) als Schwerpunkten beispielsweise deutlich anders als Orthopäden.
Diese haben vor allem Alternativmedizin (72 Prozent) und Zuwendung/therapeutische Angebote (39 Prozent) – zum Beispiel die Stoßwellentherapie bevorzugt im Angebot. Gynäkologen wiederum setzen vor allem auf Labor (67 Prozent) und Zuwendung/therapeutische Angebote (49 Prozent). Internisten wiederum liegen ähnlich wie Hausärzte.
Dass sich die Ergebnisse der Umfrage mit der Realität ziemlich genau decken, zeigt der Abgleich mit den Erfahrungen der Privatärztlichen Verrechnungsstellen aus den Abrechnungen ihrer Mitglieder: "Auch wenn wir den Rechnungen nicht ansehen, ob es um Selbstzahlerleistungen von Kassenpatienten oder um Privatleistungen geht: Dass das Labor einen dicken Batzen ausmacht, hatte ich erwartet", sagt Jörg Matheis, Geschäftsführer der PVS Westfalen-Nord, im Gespräch mit der "Ärzte Zeitung".
Hier seien vor allem Untersuchungen zur erweiterten Vorsorge, aber auch Innovationen bei Diagnostika, zum Beispiel in der stratifizierten Medizin gemeint.
In der Labormedizin zahle sich auch die enge Zusammenarbeit zwischen Zuweisern und Laboren aus, die es häufig ermögliche, trotz zweier Leistungserbringer dem Patienten nur eine Rechnung zu schicken. Dieses sogenannte "Huckepackverfahren" sei mittlerweile von den PVS so umgestaltet worden, dass es keinerlei Angriffspunkte für das neue Korruptionsstrafrecht für Ärzte mehr gibt.
Matheis nimmt die Ärzte auch gegen alle Kritik in Schutz, beim Angebot von Selbstzahlerleistungen nicht seriös vorzugehen, auch wenn er selbst überrascht sei, wie hoch der Umsatzanteil bei vielen Ärzten ist. Ärzte gingen beim Angebot "verantwortungsvoll, mit Augenmaß und selektiv vor" und nutzten die Leistungen "nicht flächendeckend als Erlöskompensationsfaktor", betont Matheis.
Das Vorgehen sei dabei tatsächlich individuell. Beispiel alternative Heilmedizin: "Angebote wie Homöopathie machen nicht viele, aber wer es anbietet, der ist auch davon überzeugt und macht es intensiv." So sei es mit vielen der in Frage kommenden Leistungen.
Defensiver als nötig
Häufig gingen Ärzte beim Angebot der Leistungen defensiver vor als eigentlich nötig, betont der PVS-Geschäftsführer. Mit einer konsistenten Umsetzungsstrategie und einem Team, das hinter dem Leistungsangebot steht, könnten Ärzte viel erreichen. Tatsächlich wollen laut Umfrage fast 40 Prozent der Teilnehmer ihr Leistungsspektrum bei Selbstzahlerleistungen erweitern.
Wichtig sei es, vor Einführung einer Leistung zu prüfen, welche Investition dafür erforderlich ist und wie dann abgerechnet werden kann, so Mattheis. Die Angaben der Medizintechnik-Hersteller seien dabei nicht immer zuverlässig.
Die Privatärztlichen Verrechnungsstellen könnten hier Mitgliedern mit ihrem Abrechnungs-Know-how Hilfestellung leisten. Auch Berufsverbände könnten an dieser Stelle gut unterstützen. So seien die Ärzte dann auch sicher, dass die gestellten Rechnungen zu Selbstzahlerleistungen auch korrekt sind.
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