Urteil: Arzt haftet für die Fehler anderer
Ein Arzt muss für die Folgen einer Op haften, an der er gar nicht teilgenommen hat. Dieses Urteil des Bundesgerichtshofs scheint aber nur auf den ersten Blick kurios.
Veröffentlicht:KARLSRUHE (mwo). Wird wegen eines ärztlichen Fehlers eine weitere Operation erforderlich, dann haften Arzt und Klinik des ersten Eingriffs auch für Komplikationen beim Zweiteingriff.
Nach einem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) in Karlsruhe gilt dies auch für übliche Komplikationen, die medizinisch nicht durch den Fehler verursacht sind.
Im Streitfall waren bei der Patientin bei einer Koloskopie ein etwa fünf Zentimeter großer Tumor und ein kleiner gestielter Polyp festgestellt worden. Beides sollte bei einer Operation entfernt werden.
Tatsächlich entfernte der Arzt aber nur den Polypen, nicht aber den tiefer gelegenen Tumor. Die verärgerte Patientin wechselte daraufhin die Klinik. Bei einem weiteren Eingriff wurde nun auch der vom Tumor betroffene Darmabschnitt entfernt und ein künstlicher Darmausgang gelegt.
Kausaler Zusammenhang
Nachfolgend stellten sich verschiedene Komplikationen ein, darunter eine Wundheilungsstörung im Bereich der Bauchdecke sowie eine Anastomoseninsuffizienz im Bereich der Darmnaht.
Wie nun der BGH entschied, müssen der erste Arzt und seine Klinik der Patientin ein Schmerzensgeld von 40.000 Euro sowie 16.440 Euro für eine Haushaltshilfe bezahlen.
Dem Argument, der Fehler habe nichts mit den Komplikationsrisiken der Folgeoperation zu tun, folgten die Karlsruher Richter nicht.
Rechtlich und tatsächlich sei ein "Kausalzusammenhang" gegeben. Denn ohne den groben Fehler bei der ersten Op wäre der Zweiteingriff gar nicht erforderlich gewesen.
Das sei unabhängig von der Tatsache, dass etwa eine Nahtinsuffizienz auch hätte auftreten können, wenn der Tumor schon beim ersten Eingriff entfernt worden wäre.
Allein die Möglichkeit, dass ohne den Fehler ein vergleichbarer Schaden auftreten kann, reiche nicht aus.
Az.: VI ZR 157/11