Umfrage

Klinikärzte leiden unter betrieblichen Zielvorgaben

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Leitenden Klinikärzten fehlen oft geeignete Steuerungsinstrumente, um die Vorgaben der kaufmännischen Geschäftsführung umzusetzen.

Leitenden Klinikärzten fehlen oft geeignete Steuerungsinstrumente, um die Vorgaben der kaufmännischen Geschäftsführung umzusetzen.

© drubig-photo / fotolia.com

Stetig sich verschärfender Kostendruck und anspruchsvolle ökonomische Zielvorgaben machen leitenden Krankenhausärzten das Leben schwer. Das zeigt eine Umfrage unter internistischen Führungskräften.

STUTTGART. Immer mehr Mediziner "fühlen sich mit den strikten Sparvorgaben der kaufmännischen Geschäftsleitungen alleine gelassen", fasst die DGIM die Resultate einer Mitgliederbefragung im Herbst 2013 zusammen.

Daran beteiligt hatten sich mehr als 600 Führungskräfte internistischer Fachabteilungen - Ordinarien, Oberärzte und Chefärzte. Demnach bestätigten 75 Prozent der Befragten, dass ihnen die kaufmännische Klinikleitung "ehrgeizige betriebswirtschaftliche Leistungsvorgaben" mache.

Ebenso hoch war der Anteil derjenigen, denen nach eigener Auskunft "im Beruf betriebswirtschaftliche Steuerung abverlangt wird".

Einseitige Entscheidung

Doch damit sind viele offenkundig überfordert. Geeignete Steuerungsinstrumente, um die ökonomischen Vorgaben zu erreichen, "scheinen häufig im Klinikalltag zu fehlen", sagt der Sachverständige Thomas Kapitza aus München, der an der DGIM-Befragung konzeptionell beteiligt war.

Zumal, wie DGIM-Generalsekretär Professor Ulrich Fölsch ergänzt, die kaufmännischen Ziele "immer schwieriger zu erreichen sind, weil sich die Schere zwischen Kosten und Erlösen zunehmend spreizt".

Wenig überraschend, dass es auch um das Verhältnis zwischen ärztlicher und kaufmännischer Geschäftsführung ziemlich schlecht bestellt ist.

60 Prozent der befragten ärztlichen Führungskräfte fühlten sich nur "unzureichend an Entscheidungen der kaufmännischen Geschäftsleitung beteiligt", rund die Hälfte monierte, dass zwischen Medizinern und Controllern "keine partnerschaftliche Zusammenarbeit existiert". Woraus Fölsch die Forderung ableitet: Die kaufmännische Seite muss die Pflicht haben, die Ärzte effizient in Entscheidungsprozesse einzubeziehen".

Mit der Ökonomisierung der stationären Medizin befasste sich Mitte voriger Woche auch der Gesundheitsausschuss des Bundestages.

Bei einer Expertenanhörung wurde deutlich, dass nach wie vor viele Kliniken fragwürdige Bonus-Verträge mit Chefärzten abschließen, was immer wieder Befürchtungen nährt, medizinisch unbegründete Leistungsausweitung zu fördern.

Im Zuge des Krebsfrüherkennungs- und -registergesetzes hatte die schwarz-gelbe Koalition im April 2013 auch einen neuen Paragrafen 136a ins Sozialgesetzbuch V eingefügt, wonach einzelleistungsbezogene Boni in Verträgen mit leitenden Klinikärzten künftig ausgeschlossen sein sollen. Dazu wurden Bundesärztekammer und Deutsche Krankenhausgesellschaft verpflichtet, passende Empfehlungen zu formulieren.

Wird das Boni-Verbot ignoriert?

Ein Vertreter des Verbandes Leitender Krankenhausärzte (VLK) sagte bei der Anhörung, eine Durchsicht neuer Chefarztverträge habe ergeben, dass "eine Reihe von Klinikträgern" diese Empfehlungen "munter ignorieren" und nach wie vor auf "Einzelleistungssteigerung" zielten.

Der Vertreter der BÄK bestätigte, dass vereinzelt Chefarztboni sogar von Stückzahlen für bestimmte Operationen abhängig gemacht würden. Die Empfehlungen von BÄK und DKG müssten wohl noch nachgeschärft werden.

Laut Bundestagsmitteilung arbeiten in deutschen Kliniken rund 10.000 Chefärzte, die einschließlich Boni und Privatliquidation per annum rund 280.000 Euro verdienen.

Bei der Befragung zur aktuellen DGIM-Studie gaben 38 Prozent der internistischen Führungskräfte an, ihr Arbeitsvertrag enthalte eine Regelung zur Erfolgsbeteiligung; 65 Prozent lehnten Erfolgsbeteiligungen prinzipiell ab. (cw)

Die DGIM-Studie "Ärzte - Manager 2013, Konfliktpotenzial im Krankenhaus: Die Zusammenarbeit zwischen ärztlicher und kaufmännisch-wirtschaftlicher Leitung" wird ausführlich auf dem Internistenkongress vorgestellt. Der Kongress findet vom 26. bis 29. April in Wiesbaden statt.

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