Sportkleidung
Schlauer Stromanzug soll beim Muskelaufbau helfen
Muskelstimulation mit Strom - die Idee ist nicht neu. Ein Start-up will die Technik jetzt in Sportkleidung integrieren. Kunden sollen nicht nur aus dem Life-Style-Bereich kommen, sondern möglicherweise auch aus der Medizin.
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Statt eineinhalb Stunden durch den Park zu laufen und zwei Stunden Zeit im Fitnessstudio zu verbringen den gleichen Effekt mit 20 Minuten Training erreichen: Das deutsche Start-up Wearable Life Science will dies ermöglichen. Die vom Unternehmen entwickelte Trainingskleidung Antelope hat Elektro Muskel Stimulation, kurz EMS, im Stoff integriert, was ein optimales und effektives Training ermöglichen soll.
"EMS ist schon seit langem aus dem Rehabereich bekannt und wird zum Beispiel nach einem Kreuzbandriss eingesetzt, um zu verhindern, dass sich Muskulatur abbaut", sagt Mit-Gründer Kay Rathschlag. Auch viele Sportler im Tennis oder Fußball trainieren, so Rathschlag, schon seit Jahren mit EMS. Diese intensiviere den Muskelaufbau und unterstütze das Training. "Etwa vor zehn Jahren ist diese Technik auch in den Life-Style-Bereich geschwappt und Deutschland ist sehr weit in der Entwicklung der Technologie", berichtet Rathschlag.
Finanzierung durch Crowdfunding
Fitnessstudios und Physiotherapeuten nutzen EMS, um Muskeln gezielt anzusteuern und zu trainieren. "So fühlt sich das Training beispielsweise an, als ob man mit Hanteln trainiert, obwohl man keine in der Hand hat", betont der Gründer. Das Training unter EMS sei daher gelenkschonend. In kurzer Zeit erhalte der Nutzer einen hohen Trainingseffekt, zudem ließen sich gezielt Muskeln trainieren, die sich sonst nur schwer trainieren lassen, wie beispielsweise der Beckenboden nach einer Schwangerschaft.
"Das Problem war bisher nur, dass die Hardware nicht ganz günstig ist und es eines Trainers bedarf, der die Elektroden am Körper anbringt. Deshalb haben wir vor zweieinhalb Jahren beschlossen, die Technologie weiterzuentwickeln", schildert Rathschlag. "Das EMS-Gerät sollte auf die Größe eines Smartphones schrumpfen. Wir wollten die Technologie direkt in die Sportbekleidung integrieren, zudem sollte es gut aussehen, waschbar sein und bei jedem Wetter einsetzbar."
Finanziert wird das Projekt Antelope über Crowdfunding: "1200 Menschen weltweit haben sich die Kleidung schon vorbestellt und wir haben so 1,2 Millionen Euro eingesammelt. Hinzu kamen weitere Unternehmen als Geldgeber für die Entwicklung." Ein medizinischer Beirat begleitet die Entwicklung. Insgesamt arbeiten 25 Mitarbeiter bei dem Start-up.
Mit der Kleidung lasse sich beispielsweise während des Laufens auch gleichzeitig die Rumpfmuskulatur stimulieren. Auch ließen sich die Sensoren so einstellen, dass es sich anfühlt, als ob man einen Berg hinauf laufen würde. Abends könnten Nutzer die Hose zur Regeneration auf dem Sofa anziehen und sich massieren lassen. "Die Kleidung selbst besteht aus einem Kompressionsmaterial, das sich dem Körper anpasst", sagt Rathschlag. Gesteuert werden die Sensoren in der Kleidung über eine App. Es gibt ein voreingestelltes Programm. Es lassen sich aber auch individuelle Einstellungen vornehmen und gezielt Muskeln trainieren.
Chance für Patienten in Reha
Im Bereich EMS werde viel geforscht, so der Gründer. Verschiedene Hochschulen, wie die Universität Bayreuth oder die Deutsche Sporthochschule in Köln, hätten Studien zur Wirksamkeit eines Ganzkörper-EMS-Trainings durchgeführt. Mit der Kleidung könnte etwa auch verhindert werden, dass Patienten in eine aufwändige Reha müssten, da sich der Muskelabbau verhindern lasse. Auch für ältere Menschen könne das individuelle Training mit der intelligenten Sportbekleidung interessant sein. Es gebe im medizinischen Bereich viele spannende Möglichkeiten für den Einsatz von Antelope, auch wenn der Fokus derzeit im Life-Style-Bereich angesiedelt sei, so Rathschlag. Günstig ist diese intelligente Kleidung nicht. Für Hose und Shirt muss man mit etwa 1300 Euro rechnen. Teilprodukte, wie kurze Hosen oder Stutzen für die Waden, sollen ab 250 Euro kosten.