Deutsche Krebshilfe
Schub für molekulare Diagnostik bei Bronchialkarzinom
Über ein bundesweites Netzwerk sollen in Deutschland künftig alle Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs Zugang zu molekularer Diagnostik und innovativen Therapien erhalten.
Veröffentlicht:KÖLN. Vor Kurzem haben sich 15 universitäre Krebszentren im "nationalen Netzwerk Genomische Medizin (nNGM) Lungenkrebs" zusammengeschlossen – darunter alle 13 onkologischen Spitzenzentren, die aktuell von der Deutschen Krebshilfe (DKH) gefördert werden.
Ziel ist es laut DKH, die das Projekt nach eigenen Angaben mit insgesamt 2,94 Millionen Euro fördert, über das bundesweite Netzwerk künftig allen Patienten mit fortgeschrittenem Lungenkrebs in Deutschland Zugang zu molekularer Diagnostik und innovativen Therapien zu ermöglichen – auch im Rahmen klinischer Studien.
Das nNGM sei eine Weiterentwicklung des regionalen Netzwerkes NGM, das im Centrum für Integrierte Onkologie (CIO) an der Uniklinik Köln angesiedelt ist und sich seit 2010 erfolgreich für die Implementierung personalisierter Therapien in der Routineversorgung von Patienten mit Lungenkrebs einsetze.
Genomforschung schafft Optionen
Das Bronchialkarzinom ist, wie die DKH betont, weltweit die häufigste Krebserkrankung und die häufigste Krebstodesursache. Jahrzehntelang standen Patienten im fortgeschrittenen Stadium außer Chemotherapien und Bestrahlungen keine weiteren Therapiemöglichkeiten zur Verfügung. Dank der Fortschritte im Bereich der Genomforschung könnten nun mehr und mehr personalisierte Therapien zum Einsatz kommen.
Diese setzten eine umfassende molekulare Untersuchung vor der Therapie voraus. Hierauf basierend könnten dann bei einem Teil der Patienten Treibermutationen gezielt angegangen werden. Aber auch für die Immuntherapie würden zunehmend prädiktive molekulare Marker charakterisiert, die einen gezielteren Einsatz dieser neuen Therapieform ermöglichten.
Bei der häufigen Form des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) existierten mittlerweile für rund 25 Prozent der Patienten in inoperablen Tumorstadien zielgerichtete Therapien, so die DKH. Hochgerechnet für Deutschland entspreche dies mehr als 7000 Patienten, die von dieser Therapie profitieren könnten.
"Durch eine konsequente Diagnostik der molekularen Veränderungen und der Therapie mit den entsprechenden Inhibitoren können wir bei vielen Patienten im fortgeschrittenen Stadium ein um Jahre verlängertes Überleben erreichen", verdeutlicht nNGM-Sprecher Professor Jürgen Wolf, der auch Ärztlicher Leiter des CIO ist. "Wir müssen diese komplexen Innovationen deshalb schnell zu den Patienten bringen und dafür brauchen wir überall in Deutschland kompetente Brückenköpfe", ergänzt er.
Bei den richtigen Patienten angewendet, seien die neuen Therapien der Chemotherapie hinsichtlich Tumorkontrolle, Verträglichkeit, progressionsfreiem Überleben und Gesamtüberleben deutlich überlegen, so die DKH. Für Nicht-Lungenkrebsspezialisten seien Therapiemöglichkeiten beim Bronchialkarzinom aber unübersichtlich und ihre Zahl steige stetig: Aktuell stünden – je nach genomischem Profil des Tumors – für einen Teil der Patienten bereits zugelassene Medikamente zur Verfügung, für einen weiteren Teil kämen Off-Label-Therapien zum Einsatz.
Weitere Optionen seien personalisierte Therapien im Rahmen klinischer Studien. Und für Patienten mit Erkrankungen ohne Treibermutationen drängten die Immuncheckpoint-Inhibitoren in die klinische Anwendung. "Wir werden künftig auch immer häufiger prädiktive diagnostische Verfahren wie zum Beispiel Genmutationssignaturen anwenden, um bereits vor Verabreichung einschätzen zu können, bei wem die Substanzen besonders gut wirken", erläutert Professor Reinhard Büttner, Direktor der Pathologie an der Uniklinik Köln und Gründer sowie NGM-Sprecher.
Heimatnahe Behandlung angestrebt
Ausgehend von den universitären Spitzenzentren sollen laut DKH für den angestrebten Know-how-Transfer regionale Netzwerke aufgebaut werden, die möglichst umfassend Kliniken und Praxen zusammenführen, in denen Lungenkrebspatienten versorgt werden.
Die Spitzenzentren beziehungsweise entsprechend qualifizierte universitäre Zentren führten in diesen Netzwerken eine dezentrale, aber deutschlandweit harmonisierte molekulare Multiplex-Diagnostik durch und beraten die Kooperationspartner bezüglich der therapeutischen Relevanz der Ergebnisse, hebt die DKH hervor.
Die Behandlung der Patienten erfolge immer möglichst heimatnah bei den Kooperationspartnern.