Interview
Handys werden zu Präventions-Alleskönnern
Der AOK Bundesverband zeigt auf der CeBIT Projekte zur digitalen Präventionsassistenz. Was sich die Kasse davon verspricht und wie Ärzte eingebunden werden, erläutert Jürgen Graalmann, Vize-Chef des Verbandes, im Interview.
Veröffentlicht:Ärzte Zeitung: Herr Graalmann, die AOK geht bei der Prävention neue Wege. Sie wollen Handys als neues Medium stärker mit einbinden. Was versprechen Sie sich davon?
Jürgen Graalmann: Wir können damit junge Menschen besser erreichen. Mit Präventionsbroschüren allein klappt das nicht mehr. Gute Präventionstipps können wir so auch besser auf die individuellen Bedürfnisse unserer Versicherten zuschneiden. Darum engagiert sich die AOK auch nachhaltig beim Aufbau des Kompetenzzentrums für digitale Präventionsassistenz (KoPra).
Ärzte Zeitung: Digitale Präventionsassistenz, das klingt erst mal etwas sperrig. Was kann man sich genau darunter vorstellen?
Graalmann: Die interaktiven Kommunikationstechniken entwickeln sich rasant. Und die Smartphones werden immer smarter. Mit Sensoren ausgestattet, können sie zum Beispiel als Schrittzähler und zur Aktivitätsmessung genutzt werden.
Bald könnte es auch als App einen 3D-Scanner geben, der die Pommes auf Ihrem Teller erkennt. Das Smartphone sagt ihnen dann, wie viele Kalorien diese Pommes liefern und wie lange sie joggen müssen, um diese Kalorien wieder zu verbrennen. Solche Entwicklungen wollen wir vorantreiben.
Ärzte Zeitung: Wann glauben Sie, dass Ihre Versicherten von den Entwicklungen profitieren - Ende des Jahrzehnts?
Graalmann: Schon viel früher! Bei der eben beschriebenen Anwendung wird es sicher noch einige Zeit dauern, aber schon Ende 2011 soll es zum Beispiel eine individualisierte Orientierungshilfe auf dem Handy zu Präventionsangeboten geben. Also etwa Rückenschule, Angebote oder Tipps, und Angebote, um einen Burnout zu vermeiden. In alle Anwendungen bringen wir als AOK unser Präventions-Know-how ein, von der TU Berlin und dem DAILabor kommt die technische Kompetenz, und über die AOK Nordost können wir die Apps auf dem Land und in der Stadt testen.
Ärzte Zeitung: Apps gibt es bisher vor allem für iPhone und iPad, weniger für andere Handy-Plattformen. Wollen Sie als AOK Ihre Applikationen nur für die Elite der iPhone-Besitzer stricken?
Graalmann: Nein, gerade nicht! Was gestern nur für die Elite bezahlbar war, wird bald preisgünstige Technologie für alle sein. Dafür sorgt der Wettbewerb. Und darauf sind wir vorbereitet, indem wir plattformübergreifend arbeiten. Und genau das ist explizites Ziel bei KoPra.
Ärzte Zeitung: Ihr Präventionskonzept ist auf den ersten Blick ausschließlich auf Patienten ausgerichtet. In welcher Form haben die Ärzte etwas von dieser Initiative?
Graalmann: Die Ärzte profitieren zum einen durch die erweiterte Kompetenz ihrer Patienten. Zum anderen ist es für sie schwer, ihre Patienten jeden Tag neu zu motivieren, etwa sich zu bewegen. Da können individualisierte Apps sehr gut helfen.
Und nicht zuletzt arbeiten wir auch daran, Gemeindeschwestern über mobile Anwendungen besser als bisher an die Praxen anzubinden. Ärzte spielen bei unseren Überlegungen eine große Rolle.
Das Interview führte Hauke Gerlof.
KoPra
Das Kürzel KoPra steht für Kompetenzzentrum für digitale Präventionsassistenz. In dem Zentrum arbeiten der AOK Bundesverband, die AOK Nordost und das DAI-Labor der Technischen Universität Berlin zusammen.
Ziel ist es, interaktive Anwendungen unter anderem für Smartphones zu entwickeln (Apps), die Versicherten Anreize geben sollen, sich gesund zu verhalten.
Nicht nur junge Versicherte sollen angesprochen werden, sondern das Angebot soll generationenübergreifend sein, geplant ist auch die Entwicklung von Kommunikationshilfen für Gemeindeschwestern und anderes mehr.