Versicherte sind jetzt schnell ein Fall für die schwarze Liste
Am 1. April starten die Versicherer ihr neues Hinweis- und Informationssystem. Die Kriterien für die schwarze Liste wurden verschärft. Auch Ärzte laufen schneller als bisher Gefahr, als potenzielle Betrüger zu gelten.
Veröffentlicht:KÖLN. Versicherte können künftig leichter als bisher auf die schwarze Liste der Versicherer kommen. Melden sie innerhalb von 24 Monaten drei Schäden in der Sachversicherung, sind sie ein Fall für die Auskunftei der Assekuranz, mit der Versicherungsbetrüger identifiziert werden. Dieses Kriterium ist neu. "Das ist eine erhebliche Ausweitung", sagt Lars Gatschke vom Bundesverband der Verbraucherzentralen.
Am 1. April nehmen die deutschen Versicherer ihr neues Hinweis- und Informationssystem (HIS) in Betrieb, das Unternehmen auf mögliche Betrüger aufmerksam machen soll.
Nach Angaben des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) entsteht der Assekuranz jährlich durch falsche oder in betrügerischer Absicht gemachte Angaben ein Schaden von vier Milliarden Euro. Schätzungen des GDV zufolge steckt hinter jeder zehnten Schadenmeldung ein Betrug.
Früher erhielten die Versicherer eine CD-ROM mit dem gesamten Bestand an Daten verdächtiger Kunden. Dieses System hatten Datenschützer harsch kritisiert.
Künftig gibt es eine Auskunftei, an die sich die Sachbearbeiter der Versicherer online wenden können. Die Auskunftei wird von der Firma "Informa Insurance Risk and Fraud Prevention" betrieben, die eigens zu diesem Zweck gegründet wurde.
Mitarbeiter der Versicherer melden Verdächtige oder stellen gezielt Anfragen an die Auskunftei. Dabei können sie jeweils nur auf eine Sparte zugreifen. "Kundenprofile können nicht erstellt werden", so Thomas Lämmrich, Projektleiter HIS beim GDV. Private Krankenversicherer sind weder an dem System beteiligt noch haben sie Zugriff auf die Informationen.
Versicherte werden künftig informiert, wenn Versicherer Daten über sie in das System speisen. Sie können auch eine Selbstauskunft einholen. Dann erhalten sie dieselben Infos wie ein anfragender Versicherer. "Damit gehen die Versicherer weiter als die Schufa", lobt Gatschke.
Um registriert zu werden, genügt es allerdings schon, dass Ärzte eine Lebensversicherung mit einer Versicherungssumme von 100.000 Euro und mehr oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung mit einer vorgesehenen Rente von mehr als 9000 Euro im Jahr abschließen wollen.
Die Versicherer prüfen mit Hilfe des Systems unter anderem, ob Kunden bereits abgeschlossene Verträge verschweigen.
Erfasst werden auch Kunden von Rechtsschutzversicherern, die den Anbieter innerhalb von zwölf Monaten viermal in Anspruch nehmen, ebenso wie jedes Auto, das als Totalschaden gemeldet oder dessen Schaden über ein Gutachten abgerechnet wurde. "Wir wollen so verhindern, dass Schäden doppelt abgerechnet werden", so Lämmrich.
Gemeldet wird auch, wenn die Prüfung anhand eines speziellen Kriterienkatalogs genug Indizien liefert. Dabei gibt es für bestimmte Sachverhalte Punkte, bei 60 Zählern erfolgt der Eintrag. Wird ein Schaden kurz nach Vertragsabschluss gemeldet, gibt es 20 Punkte.
Die übrigen Kriterien sind geheim. "Das Punktesystem reicht völlig aus, um Missbrauch zu verhindern", sagt Verbraucherschützer Gatschke. Er hält es für überflüssig, dass die Versicherer Kunden aufgrund von Schadenmeldungen in der Datei erfassen. Die Informationen werden über fünf Jahre gespeichert. Kommen innerhalb dieses Zeitraums neue Einträge hinzu, verlängert sich die Speicherung.
Kostenlose Selbstauskunft
Wollen Ärzte wissen, welche Informationen über sie in der Auskunftei der Versicherer gespeichert sind, müssen sie sich an die Betreiberfirma wenden. Anfragen sind nur in schriftlicher Form per Post möglich, dem Brief muss eine Kopie des Ausweises beiliegen.
Die Adresse lautet: Informa Insurance Risk and Fraud Prevention GmbH, Abteilung Datenschutz, Rheinstraße 99, 76532 Baden-Baden. Die Selbstauskunft ist kostenlos. Auf der Homepage der Firma unter www.informa-irfp.de können Interessierte Formulare für die Selbstauskunft abrufen.
Sind Ärzte der Auffassung, dass sie zu Unrecht oder mit falschen Informationen auf der schwarzen Liste stehen, können sie sich beschweren. Der Betreiber löscht den Eintrag zunächst und fragt umgehend beim Versicherer nach.