Regresse
Nadelstiche können zum Albtraum werden
Niedergelassene Ärzte, die den Schutz vor Verletzungen durch Nadelstiche in ihren Praxen vernachlässigen, können teils von empfindlichen Strafen getroffen werden. Ein Beispiel zeigt, wie drastisch die Auswirkungen sein können.
Veröffentlicht:Eine derzeit in Umsetzung befindliche EU-Richtlinie sieht vor, Verstöße gegen die gesetzlichen Arbeitsschutzregelungen bei Nadelstichverletzungen mit Strafen zu sanktionieren. Doch bereits heute kann es für Ärzte teuer werden, wenn sie ihren Verpflichtungen nicht nachkommen.
Die technischen Anforderungen zum Schutz vor Nadelstichverletzungen sind in Deutschland in der TRBA 250 niedergelegt. Verstöße gegen diese technischen Regeln sind zwar im Moment nicht strafbewährt.
Trotzdem kann ärztliches Fehlverhalten in puncto Schutz vor Nadelstichverletzungen Folgen haben, betonte Dr. Stefan Baars vom Staatlichen Gewerbeaufsichtsamt Hannover.
Eine Instanz, die Fehlverhalten auf Grundlage der Biostoffverordnung und des Arbeitsschutzgesetzes sanktionieren kann, sind die Gewerbeaufsichtsämter.
Der erste Schritt sei dabei in der Regel ein Revisionsschreiben, das gebührenpflichtig sein könne, so Baars. Auch Bußgelder können von den Gewerbeaufsichtsämtern verhängt werden.
Kosten in fünfstelliger Höhe
Eine andere Instanz, die Sanktionsmöglichkeiten hat, sind die Berufsgenossenschaften. Das Druckmittel ist hier der Regress: Bei grober Fahrlässigkeit können die Aufwendungen für einen Arbeitsunfall zurückverlangt werden.
Professor Andreas Wittmann von der Bergischen Universität Wuppertal berichtet von einem Fall in Berlin: Ein Zahnarzt war pleite gegangen, nachdem sich eine Zahnarzthelferin mit Hepatitis B infiziert hatte.
Der Zahnarzt hatte sich geweigert, die Hepatitis-B-Impfung zu bezahlen. Die Berufsgenossenschaft stellte ihm deswegen die Kosten für die Behandlung der Infektion, des daraus resultierenden Leberversagens und für die Lebertransplantation in Rechnung.
Aggressiv wird das Regressinstrument von einigen Baugenossenschaften eingesetzt. Bei diesen ist häufig das Reinigungspersonal von medizinischen Einrichtungen versichert.
Viele Baugenossenschaften gingen bei Nadelstichverletzungen mittlerweile regelhaft von Organisationsversagen aus, so Wittmann. Im Fall der Fälle komme es hier zu Schadenersatzforderungen, die eine Höhe von 30.000 Euro und mehr erreichen können.
TRBA 250
Die "Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der Wohlfahrtspflege" (TRBA 250) ist das für Ärzte maßgebliche Dokument, wenn es um Maßnahmen zum Schutz vor Nadelstichverletzungen geht. Als Folge einer EU-Richtlinie aus dem Jahr 2010 müssen in Deutschland die Biostoffverordnung, die Gefahrstoffverordnung und damit auch die TRBA 250 bis Mai 2013 überarbeitet werden. Ein Referentenentwurf aus dem Bundesarbeitsministerium liegt jetzt vor. Ziel der Neufassung ist es, den Schutz vor Nadelstichverletzungen zu verbessern, unter anderem durch den konsequenteren Einsatz von Sicherheitsprodukten. Es wird erwartet, dass Verstöße gegen die TRBA 250 künftig stärker sanktioniert werden können.