Verhütungsspritze sorgt für Razzien
In Nordrhein-Westfalen sollen Frauenärzte Patientinnen nicht zugelassene Verhütungsspritzen verabreicht haben. Die Staatsanwaltschaft ermittelt - und hat schon Razzien in den Praxen durchgeführt.
Veröffentlicht:WUPPERTAL (akr). Die Staatsanwaltschaft Wuppertal ermittelt gegen niedergelassene Gynäkologen aus Nordrhein-Westfalen wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz.
Die Frauenärzte sollen Patientinnen Verhütungsspritzen mit dem hierzulande nicht zugelassenen Gestagen Depocon® (Medroxyprogesteronacetat, MPA) verabreicht haben. In Österreich ist das Präparat allerdings zugelassen.
Dort wird Patientinnen die Dreimonats-Verhütungsspritze von Ärzten häufig verabreicht. "Nach unserer Auffassung spielt es keine Rolle, dass das Mittel in Österreich zugelassen ist", sagte Oberstaatsanwalt Wolf-Tilman Baumert von der Staatsanwaltschaft Wuppertal.
Nach den bisherigen Erkenntnissen der Ermittler ist das Mittel für die Verhütungsspritzen über ein Firmengeflecht in Spanien, Zypern und England vertrieben worden. Ein Unternehmen aus Remscheid soll den Versand in Deutschland vorgenommen haben.
Das Mittel ist billiger als vergleichbare andere, aber offenbar nicht gesundheitsschädlich. "Wir haben keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die betroffenen Frauen in irgendeiner Form gesundheitliche Schäden davon tragen", sagte Baumert.
Razzia in elf Praxen
In der vergangenen Woche haben die Ermittler elf Arztpraxen unter anderem in Dortmund, Mönchengladbach und sieben weiteren Städten durchsucht. Dabei haben sie Unterlagen beschlagnahmt, etwa über Bestellungen des Mittels. "Den Ärzten wird jetzt Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben", sagte Baumert.
Ihnen drohen Geldstrafen oder eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Ob weitere Ärzte im Visier der Behörden sind, sagte der Oberstaatsanwalt aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.
Die Rechtslage ist kompliziert. Für den Eigenbedarf dürfen Patientinnen Depocon® aus Österreich nach Deutschland einführen, sagte Baumert.
Spritzt ein Arzt in Deutschland einer Patientin das von ihr selbst mitgebrachte Präparat, muss er nach seinen Angaben aber keine Sanktionen fürchten.
Der Berufsverband der Frauenärzte will sich zu dem Fall vor Abschluss der Ermittlungen nicht äußern.