Verwirrung nach BGH-Urteil

Wird die Eizellspende nun doch erlaubt?

Das Verfahren des Bundesgerichtshofs zur Werbung für die Eizellspende in Tschechien hat erneut Anlass zur Diskussion gegeben: Nicht nur unter Ärzten ist die Verunsicherung jetzt groß.

Martin WortmannVon Martin Wortmann Veröffentlicht:

NEU-ISENBURG. Die Lage ist verworren, jedenfalls nach Ansicht des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands (BRZ). Die Verwirrung ist laut Verband durch ein Urteil des Bundesgerichtshofes verursacht worden. Der Verband wirbt erneut für ein Ende des Verbots der Eizellspende in Deutschland.

Wie berichtet, ging es vor dem BGH um Reproduktionsmediziner aus dem tschechischen Karlsbad. Bei einer Informationsveranstaltung 2008 in Hamburg hatte er darauf hingewiesen, dass in Tschechien die Eizellspende nicht verboten ist. Bei Interesse von Paaren aus Deutschland könnten die Vorbehandlungen der Spenderin und der Empfängerin durch hiesige niedergelassene Ärzte erfolgen.

Mit Unterstützung des BRZ hatte hiergegen ein Arzt aus Berlin geklagt. Der BGH hatte gegen die Werbung des tschechischen Kollegen aber nichts einzuwenden. Das Verbot der Eizellspende in Deutschland solle allein dem Kindeswohl dienen, nicht aber der Regulierung von Werbung und Marktverhalten, so der BGH.

Ärzte in Deutschland lässt das Urteil zunächst mit einem erheblichen Problem zurück: Was tun, wenn eine Frau in die Praxis kommt, und um Vorbehandlungen für eine Eizellspende im Ausland bittet? Ärzte in Deutschland würden sich wohl strafbar machen, wenn sie einer solchen Bitte nachkommen. Nach Überzeugung des BRZ wäre dies nicht nur "Beihilfe", sondern sogar "Mittäterschaft".

Vorbehandlung wäre strafbar

Grund ist Paragraf 9 des Strafgesetzbuchs. Dort heißt es: "Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist."

Angewandt auf die Eizellspende ist die Sachlage nach Überzeugung des Rechtsanwalts Kai Hendrik Schmidt-Hern eindeutig: "Aus meiner Sicht können keine vernünftigen Zweifel bestehen, dass die vorbereitenden Behandlungen in Deutschland strafbar sind", sagte er der "Ärzte Zeitung". Der Anwalt aus der Berliner Kanzlei Lubberger-Lehment hatte den klagenden deutschen Arzt vor dem BGH vertreten.

Der I. Zivilsenat des BGH, der über den Streit entschieden hat, ist für das Wettbewerbsrecht, nicht aber für das Strafrecht zuständig. Wie Schmidt-Hern berichtete, hat der Senat in der Verhandlung dennoch deutlich gemacht, dass auch er vorbereitende Handlungen in Deutschland für strafbar hält.

Warum die Behauptung, diese Vorbehandlungen seien in Deutschland möglich, wettbewerbsrechtlich gesehen dann nicht unlauter oder doch zumindest irreführend ist, bleibt das Geheimnis der Karlsruher Richter. Vielleicht können hier die noch nicht veröffentlichten schriftlichen Urteilsgründe Klärung schaffen.

Entwicklung des Kindes gefährdet?

Der deutsche Gesetzgeber hatte gewichtige Gründe, die Eizellspende zu verbieten. Ob es für die Entwicklung und Selbstfindung eines Kindes gut ist, zwei Mütter zu haben, ist fraglich. Schon das Problem eines biologischen und eines sozialen Vaters ist häufig nur schwer zu bewältigen. Das Problem einer biologischen und einer austragenden Mutter ginge darüber wohl noch deutlich hinaus.

Neben den Problemen für die Reproduktionsmediziner wirft das Karlsruher Urteil dennoch erneut die Frage auf, ob das Verbot der Eizellspende in Deutschland haltbar ist. BRZ-Geschäftsführerin Monika Uszkoreit schätzt eine Zahl "gut in den Tausenden" von Frauen, die zur Eizellspende ins Ausland reisen.

Und dabei denkt sie zurück an Zeiten, in denen Frauen für einen Schwangerschaftsabbruch nach Holland fahren mussten. Die Auslandsfahrt für eine Eizellspende sei ähnlich "stigmatisierend".

Der Verein "Spenderkinder", eine Selbsthilfeorganisation von durch Samenspende gezeugten Erwachsenen, will dieses Argument allerdings nicht gelten lassen. Immerhin führe das Verbot dazu, dass Frauen und Paare über dessen Gründe und damit letztlich über die mit der Eizellspende verbundenen Probleme nachdenken.

Großer biologischer Beitrag von beiden Müttern

Zur Samenspende bestehe der wichtige Unterschied, dass beide Mütter einen erheblichen biologischen Beitrag für die Entstehung des Kindes leisten. Zudem sei die für die Spenderin notwendige Hormonbehandlung sehr belastend. Die daher gezahlten Aufwandsentschädigungen - in Spanien nach Angaben des Vereins 900 Euro - könnten ein ethisch fragwürdiger Anreiz für eine Eizellspende sein.

Der Deutsche Ärztetag hatte schon 2013 in Hannover die "fragmentarischen und zum Teil inkongruenten rechtlichen Regelungen" für die Reproduktionsmedizin kritisiert. Entsprechend forderte die Bundesärztekammer am 14. Oktober bei einer Anhörung zur künstlichen Befruchtung für gleichgeschlechtliche Paare "eine systematische Rechtsentwicklung in der Reproduktionsmedizin".

Beim Thema Eizellspende fordern auch die "Spenderkinder", Fehler, die bei der Samenspende gemacht wurden, nicht zu wiederholen. Vor einer Zulassung muss der Gesetzgeber grundlegende Fragen klären.

Der Verein "Spenderkinder" nennt hier etwa die Freiwilligkeit der Spende und ein Höchstalter der Empfängerin. Auf jeden Fall müssten die rechtlichen Positionen der Kinder gesichert werden, insbesondere das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung, betont der Verband.

Urteil des Bundesgerichtshofs vom 8. Oktober 2015, Az.: I ZR 225/13

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