Paragraf 219a

Kompromiss steht beim Abtreibungswerbeverbot, Lösung unklar

Reform, aber keine Abschaffung: Das ist der Kompromiss der Regierung zum Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche. Viele sind damit unzufrieden. Das dürfte man heute bei einer Abstimmung im Bundestag merken.

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Das Thema Abtreibungswerbeverbot bleibt umstritten, auch nach dem gefundenen Regierungskompromiss.

Das Thema Abtreibungswerbeverbot bleibt umstritten, auch nach dem gefundenen Regierungskompromiss.

© kishivan / stock.adobe.com

BERLIN. Nach dem Kompromissvorschlag der Bundesregierung wird das umstrittene Werbeverbot für Schwangerschaftsabbrüche am Donnerstag im Bundestag diskutiert. Die FDP fordert in einem Antrag die Streichung des Paragrafen 219a.

Unsicher ist, wie sich die SPD dazu verhält, die eigentlich ebenfalls für eine Streichung des Werbeverbots ist. Es wird erwartet, dass Union und SPD den Antrag zusammen in die Ausschüsse überweisen und einer Abstimmung aus dem Weg gehen.

Paragraf 219a des Strafgesetzbuches verbietet „Werbung“ für Schwangerschaftsabbrüche – demnach macht sich schon strafbar, wer etwa „seines Vermögensvorteils wegen“ öffentlich Schwangerschaftsabbrüche anbietet. Die SPD will den Paragrafen streichen, die CDU ihn beibehalten. Gestern hatten die zuständigen Fachminister einen Vorschlag vorgelegt, der den Streit in der Koalition beilegen soll.

Kompromiss gefunden

Der Kern: Paragraf 219a soll beibehalten, aber ergänzt werden. Unter anderem soll rechtlich ausformuliert werden, dass und wie Ärzte und Krankenhäuser über die Tatsache informieren können, dass sie Abtreibungen durchführen. „Werbung für einen Schwangerschaftsabbruch darf es jedoch auch in Zukunft nicht geben“, betonte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU). Bis Januar soll ein Gesetzentwurf vorliegen, der dann von den Koalitionsfraktionen beraten wird.

Die neue CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer erklärte: „Der Schutz des Lebens, ungeborenes und geborenes, hat für die CDU überragende Bedeutung.“ Aus diesem Grund sei es gut, dass das Werbeverbot bleibe, schrieb sie am Mittwochabend auf Twitter.

Ihre Partei werde den Vorschlag der Bundesregierung bei der Jahresauftakt-Klausur des CDU-Bundesvorstands am 11. und 12. Januar in Erfurt beraten.

Verschiedene Reaktionen

Im Bundesrat dürfte das Werbeverbot schon früher Thema sein: Das Land Berlin beantragte, den Punkt für Freitag auf die Tagesordnung zu setzen, wie Gesundheitssenatorin Dilek Kolat (SPD) mitteilte. Berlin fordere gemeinsam mit Bremen, Brandenburg, Hamburg und Thüringen die komplette Streichung des Paragrafen 219a. Der Kompromiss der Bundesregierung könne ein erster Schritt sein, erklärte Kolat. „Ich bleibe aber dabei, dass eine komplette Streichung des Paragrafen 219a der richtige Weg ist, um klare Haltung zu zeigen.“

Die Grünen warfen der Bundesregierung Zeitspiel vor. Ärzten und Frauen werde mit dem Kompromissvorschlag weiter Misstrauen entgegengebracht. „Wir Grüne bleiben dabei: Paragraf 219a muss aus dem Strafgesetzbuch gestrichen und klare Regelungen zur Informationsfreiheit gefunden werden“, erklärten die Abgeordneten Ulle Schauws und Katja Keul.

CSU zufrieden, Hänel "entsetzt"

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt lobte den Kompromissvorschlag dagegen als positiv für die Koalition. „Der Vorschlag der beteiligten Bundesminister ist ein wichtiger Schritt zur Klärung einer grundlegenden Frage in der Koalition“, sagte Dobrindt der Deutschen Presse-Agentur. „Er zielt auf eine Verbesserung der Informationen bei Schwangerschaftskonflikten – verbunden mit einer klaren Absage an eine Aufhebung des Werbeverbots.“ ein schwarz-roter Klumpen sind.“

Die wegen Werbung für Abtreibung verurteilte Gießener Ärztin Kristina Hänel hat sich „entsetzt“ über den Kompromissvorschlag der Bundesregierung gezeigt. „Bei genauerem Hinsehen erweist sich der als Kompromiss ausgegebene Vorschlag als Null-Nummer“, heißt es in einer Erklärung, die Hänel gemeinsam mit zwei in Kassel angeklagten Ärztinnen am späten Mittwochabend versandte.

Der umstrittene Paragraf 219a bleibe inklusive der Strafandrohung von zwei Jahren Gefängnis bestehen. Die restlichen Vorschläge seien flankierende Maßnahmen, die bereits heute möglich seien. Die drei Ärztinnen erklärten, sie seien empört, „dass aus politischem Machtkalkül“ Frauenrechte verraten und Medizinerinnen weiterhin kriminalisiert würden. „Informationsrechte sind Menschheitsrechte. Das gilt auch für Frauen“, heißt es in der Erklärung.

Eine Gewissensfrage?

SPD, Linke, Grüne und FDP hätten im Bundestag derzeit eine Mehrheit für die Abschaffung des umstrittenen Werbeverbots. In der SPD gibt es Forderungen, die Abstimmung einfach als eine Frage des Gewissens freizugeben, so dass SPD-Abgeordnete auch gegen die Koalitionspartner CDU und CSU stimmen könnten. (ajo mit dpa-Material)

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: § 219a – ein guter Kompromiss

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