Anabole Steroide & Co:

Illegale Substanzen mit hoher Nachfrage

Der Handel mit illegalen Doping- und Potenzmitteln blüht. Hauptabnehmer ist die Bodybuilder-Szene. Den Tätern winken höhere Gewinne als beim Drogenhandel - und ihnen drohen geringere Strafen.

Von Ira Schaible Veröffentlicht:
Zollfahnder präsentierten in Frankfurt am Main eine Kiste mit gefälschten und beschlagnahmten Potenzmitteln.

Zollfahnder präsentierten in Frankfurt am Main eine Kiste mit gefälschten und beschlagnahmten Potenzmitteln.

© Frank Rumpenhorst / dpa

FRANKFURT/MAIN. Einem groß angelegten internationalen Handel mit Dopingmitteln sind Zollfahnder auf die Spur gekommen.

Wie am Freitag bekannt wurde, wurden bei zwei Aktionen in den vergangenen Monaten rund 365.000 Tabletten und etwa 160.000 Ampullen mit den illegalen Substanzen am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main und bei Durchsuchungen im Rhein-Main-Gebiet sichergestellt. Das sagte der Sprecher des Zollfahndungsamtes, Hans-Jürgen Schmidt.

Den gesamten Umfang der in diesem internationalen Netz gehandelten Substanzen schätzen die Ermittler auf elf Tonnen. "Durch den Verkauf dieser Menge hätten sich mehrere Millionen Euro erzielen lassen."

Rund zwei Tonnen vor allem anaboler Steroide wurden bereits in Dänemark und Großbritannien sichergestellt. Den Tätern drohen bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Zwei Männer aus dem Rhein-Main-Gebiet seien vorübergehend festgenommen worden. Der Haftbefehl gegen einen der beiden wurde gegen Auflagen außer Kraft gesetzt. Gegen mehrere andere Verdächtige werde noch ermittelt.

Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen der Einfuhr verbotener Arznei- und Dopingmittel ist in den vergangenen drei Jahren deutlich gestiegen. Rund 250 Kilo illegale Doping-Wirkstoffe haben die Zollfahnder im Jahr 2014 in Deutschland sichergestellt. 2013 waren es 126 Kilo und 2012 rund 73 Kilo.

Die Zollfahnder ermittelten im vergangenen Jahr in 2474 Verfahren wegen Arzneikriminalität. Das waren 33 Prozent mehr als im Vorjahr. 1929 dieser Verfahren drehten sich um Dopingmittel (plus 45 Prozent). Außer um Dopingmittel ging es dabei vor allem um illegale Potenz-, Schlankheits- und Haarwuchsmittel.

Erhebliche Nebenwirkungen

Die Dopingmittel seien vor allem in der Kraftsport- und Bodybuilderszene gefragt, die Nebenwirkungen jedoch erheblich, warnte Schmidt. Dazu gehörten schwere Schädigungen der inneren Organe - insbesondere der Leber - und des Herzkreislaufsystems, Hautausschläge (Doping-Akne), Depressionen und Potenzstörungen.

Daher würden häufig gefälschte Potenzmittel zusammen mit illegalen Dopingsubstanzen gehandelt.

"Mit der extremen Zufuhr durch Testosteron stellt der Körper seine eigene Produktion um. Das führt dazu, dass die Hoden verkümmern", sagte Schmidt. "Die Potenzmittel werden oft in Fernost in Hinterhofküchen illegal hergestellt, häufig von Kindern, unter unhygienischen Bedingungen."

Eine Tablette könne ein Vielfaches der regulären Menge des Wirkstoffs enthalten und damit zu schweren akuten Herzkreislaufproblemen führen.

Produktion auch in Deutschland

Am Internationalen Postzentrum am Frankfurter Flughafen würden Tag für Tag gepolsterte Umschläge mit den gefälschten Potenzpillen entdeckt. Beschlagnahmt werden häufig auch Rohstoffe, aus denen dann Dopingmittel in deutschen Untergrundlaboren hergestellt werden.

"In den letzten Jahren haben wir zahlreiche Untergrundlabore ausgehoben", sagte Schmidt. Die Gewinnspannen seien bis zu 40 Mal so hoch wie die Produktionskosten, so Schmidt. "Viele wechseln vom Drogen- zum Dopinghandel, weil die Gewinnspanne höher und die Strafandrohung geringer ist."

Nur der Besitz ganz kleiner Mengen sei nicht strafbar. "Diese Mengengrenze ist aber so gering, dass der tatsächliche Besitz ganz schnell illegal ist."

Die zuletzt in Hessen sichergestellten Tabletten und Ampullen kamen fast ausschließlich aus Finnland. Als Adresse sei die Ukraine vorgetäuscht worden, weil die reine Durchfuhr der Dopingmittel auch nicht verboten sei.

Der größte Teil war bereits Ende Dezember 2014 am Frankfurter Flughafen entdeckt worden, der Rest bei Durchsuchungen in Erlensee Anfang Juli. Dabei wurden auch 90 000 Euro aus einem Schließfach und elektronische Datenträger sichergestellt. (dpa)

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