MDS-Statistik
Leichter Anstieg bei Behandlungsfehlern
Rund jeder vierte Verdachtsfall auf einen Behandlungsfehler konnte im vergangenen Jahre von Gutachtern der Krankenkassen bestätigt werden. Die Zahl der Fälle ist im Vergleich zum Vorjahr wieder leicht gestiegen.
Veröffentlicht:BERLIN. 14.133 vermuteten ärztlichen Behandlungsfehlern sind die Krankenkassen im Jahr 2018 nachgegangen. 3500 Male, also in knapp 25 Prozent der Fälle, bestätigten die Medizinischen Dienste der Kassen einen Fehler (siehe nachfolgende Grafik). In 2800 Fällen waren die Fehler auch für den erlittenen Schaden ursächlich.
Diese Zahlen hat der Medizinische Dienst des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenversicherung (MDS) am Donnerstag veröffentlicht.
Das bedeutet einen leichten Anstieg im Vergleich zum Vorjahr. Für 2017 hatte der MDS 13.500 Verdachtsfälle mit 3337 bestätigten Behandlungsfehlern festgestellt. 2016 waren es noch mehr als 15.000 Verdachtsfälle gewesen.
Zum weiteren Vergleich: In der von der Bundesärztekammer Anfang April vorgestellten Fehlerstatistik waren bei 1858 Patienten ein Behandlungsfehler bzw. eine mangelhafte Risikoaufklärung erfasst worden.
Fehlervorwürfe meist gegen Kliniken
Ein Drittel der vom MDS erfassten Vorwürfe (4649 Fälle) richtete sich gegen niedergelassene Ärzte, der Rest gegen die Krankenhäuser. Von „ echten Fehlerschwerpunkten“ wollen die Gutachter wegen der breiten Streuung der betroffenen ICD-Diagnosen nicht sprechen. In der Summe treten Fehler am häufigsten bei operativen Therapien auf, nämlich in 1265 Fällen. Zehn Prozent betrafen die Implantation künstlicher Hüftgelenke.
Fehlerquellen sind ferner auch Diagnosen und Befunderhebung, die die Gutachter 979 Mal als fehlerhaft identifiziert haben. Auch die Pflege ist mit 794 bestätigten Fehlern vertreten, darunter 54 hochgradige Dekubiti während eines stationären Aufenthalts. Gutachter der Medizinischen Dienste der Krankenkassen (MDK) haben.
„Der Fokus der Behandlungsfehlervorwürfe liegt häufiger auf Operationen als auf anderen Therapien“, sagte Professor Astrid Zobel, Leitende Ärztin beim MDK Bayern. Umgekehrt würden aber in den Fachgebieten, denen häufig Fehler vorgeworfen werden, nicht die meisten Fehler bestätigt (siehe nachfolgende Tabelle).
Nur die Spitze des Eisbergs?
Für den leitenden Arzt und stellvertretenden Geschäftsführer des MDS, Stefan Gronemeyer, sind die ermittelten Werte nur die Spitze des Eisbergs. „Die Dunkelziffer ist hoch“, sagte Gronemeyer bei der Vorstellung des Berichts.
Auf jeden festgestellten Behandlungsfehler kämen 30 unentdeckte, sagte Gronemeyer unter Berufung auf wissenschaftliche Studien und das „Weißbuch Patientensicherheit“ des Aktionsbündnis Patientensicherheit (APS).
107 Mal führten nach Auffassung der MDK-Gutachter fehlerhafte oder unterlassene ärztliche Handlungen zum Tod der Patienten, 880 Patienten blieben demnach mit dauerhaften Beeinträchtigungen zurück.
Besonderes Augenmerk richten die Gutachter alljährlich auf die so genannten „Never Events“. Insgesamt 141 solcher als sicher vermeidbar geltenden Unfälle listet der MDS in der aktuellen Statistik auf. Nach wie vor werden bei Operationen Gegenstände im Körper des Patienten zurückgelassen (30 Fälle), es werden die falschen Körperteile operiert (13 Fälle) es werden aufgrund von Verwechslungen die falschen Operationen vorgenommen (elf Fälle), Medikamente werden fehlerhaft vergeben, dosiert und appliziert (drei Fälle).
Weniger Fehler durch optimierte Versorgungsprozesse
„Das zeigt, dass Sicherheitsvorkehrungen unzureichend umgesetzt wurden und Risiken im konkreten Versorgungsprozess bestehen“, sagte Dr. Max Skorning, Bereichsleiter Qualität und Versorgungssicherheit beim MDS. Der MDS fordert, solche Ereignisse systematisch zu verringern. Dazu sollte eine Never-Event-Liste erstellt werden, die Ereignisse enthält, die unbedingt vermieden werden sollten. Zudem sollten in allen Gesundheitseinrichtungen Verantwortliche für Patientensicherheit eingesetzt werden. Das hatte zuletzt auch die Aktion Patientensicherheit angeregt. (af)
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