E-Health-Gesetz

Schnittstellen-Problem bleibt ungelöst

Das geplante E-Health- Gesetz soll sie endlich bringen: die Interoperabilität zwischen den Arztsoftwaresystemen. Hier wird nun die KBV stärker in die Pflicht genommen.

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Künftig „sollen“ die IT-Anbieter offene Schnittstellen in ihre Systeme integrieren – so steht es im Entwurf zum E-Health-Gesetz.

Künftig „sollen“ die IT-Anbieter offene Schnittstellen in ihre Systeme integrieren – so steht es im Entwurf zum E-Health-Gesetz.

© JNT Visual / fotolia.com

NEU-ISENBURG/KÖLN. Wer gemeinsam mit anderen Praxen, Kliniken oder gar nicht-ärztlichen Leistungserbringern im Gesundheitswesen eine Fallakte befüllen will, hat derzeit drei Möglichkeiten.

 Er sorgt dafür, dass alle auf eine gemeinsame Netzsoftware-Lösung umsteigen, nutzt eine spezielle Web-Lösung - die, möglichst über ein Virtual Private Network (VPN), für alle Beteiligten zugänglich ist.

Oder investiert einiges an Geld, damit die Anbieter der unterschiedlichen genutzten Software-Systeme eine Datenschnittstelle in ihre Systeme integrieren.

Die meisten Ärztenetze können ein Lied davon singen. Und auch viele telemedizinische Projekte leiden darunter. Doch das soll sich mit dem E-Health-Gesetz ändern.

Der Referentenentwurf beschäftigt sich gleich auf mehreren Seiten mit dem Thema. Allerdings droht er die Anforderung, die sich die große Koalition gestellt hat, nur mittelmäßig zu erfüllen.

"Wir müssen für eine Interoperabilität zwischen den mehr als 200 IT-Schnittstellen im Gesundheitssystem sorgen", sagte Oliver Schenk, Abteilungsleiter Grundsatzfragen der Gesundheitspolitik im Bundesgesundheitsministerium noch Anfang November auf dem 5. Nationalen Fachkongress für Telemedizin in Berlin.

Tatsächlich steht im Gesetzentwurf aber nur, dass in die Praxis- und Klinik-IT-Systeme "so bald wie möglich" offene und standardisierte Schnittstellen integriert werden sollen, "die einen uneingeschränkten Datenaustausch" zwischen den Systemen ermöglichen.

Die erforderlichen Festlegungen - und damit den technischen Rahmen - zu den Schnittstellen sollen KBV und Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) im Benehmen mit der Betreibergesellschaft der Gesundheitskarte, der gematik, treffen.

"Freundliche Appelle reichen nicht"

KBV und DKG wird gleichzeitig aufgetragen, die Umsetzung zu prüfen bzw. den IT-Herstellern zu attestieren, dass sie die Schnittstellen-Anforderungen erfüllen. Damit dürften die Schnittstellen Einzug ins Zertifizierungsverfahren der Praxis- und Kliniksoftware halten.

Eine Regelung, die nicht nur auf Ärzteseite für Kritik sorgt.

Der Entwurf greife hier an einer zentralen Stelle zu kurz, findet Dr. Thomas Kriedel, Vorstand der KV Westfalen-Lippe: "Wir brauchen verbindliche Verpflichtungen der Hersteller und nicht nur freundliche Appelle, sonst laufen alle Vernetzungen ins Leere", so Kriedel, der Vorsitzender der gematik-Gesellschafterversammlung ist.

Er begrüßt, dass mit dem Gesetz den KVen die Möglichkeit eingeräumt wird, Schnittstellen zu entwickeln. "Ich sehe aber keinen Mechanismus, der die Schnittstellen dann für die Hersteller verbindlich macht", sagt Kriedel der "Ärzte Zeitung".

Er macht sich seit Längerem dafür stark, dass die KVen in die Lage versetzt werden, den Softwarehäusern Vorgaben für bestimmte Schnittstellen zu machen. Dasselbe solle für andere Versorgungssektoren wie Krankenhäuser und Apotheken gelten.

Laut dem Telematik-Vorsitzenden der Bundesärztekammer, Dr. Franz-Joseph Bartmann, dürfte hingegen der Druck der Nutzer auf die Industrie besser wirken "als eine Passage mit Zielrichtung Anbieter im SGB V".

Ähnlich sieht es auch die Industrie, die noch vergangenen Herbst selbst - über ihren Bundesverband Gesundheits IT (bvitg) - einen einheitlichen Schnittstellen-Standard, genannt BVITG-transfer, auf den Weg brachte (wir berichteten).

Und damit auf den lauter werdenden Ruf von Ärzteverbänden und auch Kassenärztlicher Bundesvereinigung nach mehr Interoperabilität reagierte. Dabei soll BVITG-transfer mehr können, als nur den Im- und Export von Bestandsdaten der Praxen zwischen den Systemen zu bedienen.

Es sollen auch Online-Anwendungen - wie ein Medikationsmanagement, das auch die Gesundheitskarte bzw. ihre Telematikinfrastruktur vorsieht - möglich sein.

Patienten nicht berücksichtigt

"Interoperabilität ergibt sich stets aus dem konkreten Use Case und nicht aus einer pauschalen Regelung. Um Interoperabilität herzustellen, ist die weitere Verfeinerung und Konkretisierung internationaler Standards der richtige Weg", sagt Oliver Bruzek, Vice President Politik und Unternehmenskommunikation bei der CompuGroup Medical (CGM).

KBV und Krankenhausgesellschaft seien Körperschaften öffentlichen Rechts mit klaren Aufgaben im Hinblick auf die Sicherstellung guter medizinischer Versorgung. "Dazu sind sie bestens aufgestellt.

Ich sehe allerdings keine ausreichenden und nachhaltigen technischen Kompetenzen und Kapazitäten zur Entwicklung moderner und sich damit immer auch dynamisch entwickelnder Schnittstellen."

Hier hat der Gesetzentwurf laut Bruzek den falschen Zuschnitt. Seiner Meinung nach betrifft eine Telematikinfrastruktur nicht allein den GKV-Bereich, sondern auch Apotheken, sonstige Leistungserbringer "und vor allem die Patienten".

Bruzek: "An dieser Stelle besteht nach unserer Auffassung klarer Nachbesserungsbedarf." Aber auch im Hinblick auf telemedizinische Anwendungen ist die Frage der Interoperabilität in dem Entwurf noch etwas dünn: Die gematik soll ein sogenanntes Interoperabilitätsverzeichnis erstellen mit zugehörigem Informationsportal.

Dort sollen Informationen über den Inhalt, den Verwendungszweck und die Finanzierung von elektronischen Anwendungen im Gesundheitswesen - insbesondere von telemedizinischen Anwendungen - aufgenommen werden.

Außerdem sollen dort Standards, Profile und Leitfäden hinterlegt werden. Letztere kann die gematik als Refrenz für informationstechnische Systeme empfehlen, mehr nicht. (reh/iss)

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