"Ärzte werden nicht mehr Millionäre"
Wie stellen sich Medizinstudenten den Arztberuf vor, und was ist ihnen später einmal wichtig? Darüber haben die Stipendiaten von "Medical Excellence" diskutiert.
Veröffentlicht:WIESLOCH. Medizinstudenten wissen offenbar genau, auf was sie sich später im Arztberuf einlassen. Auch bei den bevorstehenden Herausforderungen herrscht Klarheit. Bei der Gestaltung der persönlichen Zukunft sind die Vorstellungen jedoch sehr unterschiedlich.
Dies zeigt sich bei einer Diskussion über die Zukunft des Arztberufes unter den Stipendiaten des Programms "Medical Excellence" des Finanzdienstleisters MLP in Wiesloch. Kooperationspartner des Stipendienprogramms ist der Verlag Springer Medizin, zu dem auch die "Ärzte Zeitung" gehört.
Bei IGeL geht es längst nicht mehr um den neuen Porsche
Viele der Stipendiaten haben das Gefühl, dass der Patient immer mehr zum Kunden wird und Selbstzahlerleistungen zunehmen. Dies ist auch die Einschätzung von Benjamin Weinkauf. Den Grund, warum Selbstzahlerleistungen zunehmen, sieht der Student aus Heidelberg vor allem an dem geringen Verdienst der niedergelassenen Ärzte.
Es gehe bei den Selbstzahlerleistungen schon lange nicht mehr um einen neuen Porsche, wie es früher vielleicht einmal war, sondern um die Existenz des Arztes, hat der Student gelernt. "Ein Arzt auf dem Land verdient oft so viel wie der Maurermeister um die Ecke", sagt Weinkauf.
Auch Sarah Merkel aus Mainz ist der Meinung, dass der Patient immer mehr zum Kunden wird und dass dies mit der Zunahme der IGeL-Angebote zusammenhänge. Eine Gefahr für den Arztberuf sieht sie darin, dass dadurch der Arzt zum Verkäufer wird.
Deutlich wird: Die Studenten wollen Menschen helfen und nicht verkaufen. Auch Christian Beescho aus Hamburg, der sich neben seinem Studium im berufspolitischen Bereich engagiert, ist der Meinung, dass mit der Zunahme von IGeL-Angeboten der Arztberuf in Zukunft Schaden nehmen wird. Die Diskussion der vergangenen Wochen hat Spuren hinterlassen.
Anne Magdalene Reineck, die das Sonderstipendium "Hausarzt" erhalten hat, sieht auch einen Wandel bei Patienten: "Ich merke, dass der Anspruch der Patienten an den Arzt immer mehr zunimmt." Der Patient wisse oft schon genau, was er will, wenn er in die Praxis kommt.
"Es wäre daher nicht schlecht, wenn der Patient auch wüsste, was die medizinische Behandlung kostet", so Reineck.
Nachwuchsmediziner sehen sich als Teamplayer
Wenn es um die eigene spätere Bezahlung geht, klagen die Studenten wenig. "Mir ist schon vor dem Studium klar gewesen, dass Ärzte nicht mehr Millionäre werden", sagt Julia Sasse aus Berlin. Sie findet, Ärzte jammern auf hohem Niveau.
"Wir werden alle ein gutes Einstiegsgehalt haben." Auch Mohammed Sharityar, der in Tübingen studiert, ist der Meinung, "neben all dem Gejammere" sollten Ärzte "das Tolle" an ihrem Beruf sehen. "Ich arbeite gerne und auch viel."
Beescho stimmt ihm zu, gibt aber zu bedenken, dass der Arztberuf auch eine ganz normale harte Arbeit sei - und dafür sollte man auch entsprechend bezahlt werden. Nur beim PJ klagen die Studenten. "Ich bin ja bereit Opfer zu bringen, aber 12 Stunden am Tag arbeiten, und man bekommt keinen Cent dafür, das finde ich nicht gerechtfertigt", sagt Reineck.
Fehlende Planbarkeit als Problem des Arztberufes
Aber das Geld ist für die Studenten nicht das Wichtigste. An erster Stelle steht für die meisten der Stipendiaten die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. "Die Work-Life-Balance muss stimmen", sagt Maximilian Friedrich.
Beescho sieht vor allem die fehlende Planbarkeit als ein Problem des Arztberufes. Ein Grund dafür sei, dass es zu wenig Ärzte in Deutschland gebe. Viele meinen außerdem, dass das Angebot von Teilzeitstellen noch sehr begrenzt sei.
Professor Dominik Parsch, Chefarzt der Baumann-Klinik Orthopädie am Karl-Olga-Krankenhaus Stuttgart und Mitglied des Beirats von "Medical Excellence" ist da optimistisch: "Das wird sich in Zukunft ändern und sich an den Bedarf anpassen."
Von einer eigenen Praxis träumen wenige: Nur Ulrike Förster aus Heidelberg möchte später einmal in einer eigenen Praxis auf dem Land arbeiten. Sie kommt aus der Oberlausitz und ist ihrer Heimat noch sehr verbunden.
"Ich habe schon erlebt, wie es ist, wenn Menschen auf dem Land Hilfe brauchen und keine Ärzte in der Nähe sind", sagt sie. Deshalb möchte sie zurück. Einige der Studenten sehen dagegen eher eine Perspektive für sich in einer Gemeinschaftspraxis. "Ich möchte nicht als Einzelkämpfer in einer Praxis arbeiten", sagt Friedrich, "sondern lieber im Team mit Kollegen."