Health-Apps
So fließen die Daten in die Patientenakte
Eine direkte Daten-Schnittstelle von der Gesundheits-App in die Praxis-EDV? Was nach Zukunftsmusik klingt, hat ein Praxissoftware- Anbieter nun umgesetzt. Zugespammt mit Daten werden die Ärzte aber trotzdem nicht – so das Versprechen.
Veröffentlicht:BERLIN. 1,3 Millionen Gesundheits-Apps tummelten sich 2016 im Google Play Store. In Apples iTunes Store waren es mit 1,2 Millionen nicht viel weniger (Quelle: statista.com). Nicht alle davon gelten als sogenannte echte Health-Apps, auch viele Fitness-Apps firmieren unter der Rubrik Gesundheit. Die Zahlen zeigen aber, wie groß der Markt der mobilen Gesundheits-Anwendungen bereits ist. Und ein zunehmendes Angebot weckt auch zunehmend die Erwartung der Patienten, selbst Gesundheitsdaten zu erfassen und dem Arzt zur Verfügung zu stellen.
Das große Problem dabei: Wie lassen sich die Daten ohne Mehraufwand strukturiert in die Praxissoftware übertragen? Und wer kanalisiert die Datenströme? Genau hier setzt der Arztsoftware-Anbieter medatixx an. Das Unternehmen hat mit seinem medatixx-AppPoint eine Plattform geschaffen, auf der Ärzte und Patienten ausgewählte Health-Apps finden, die medizinische Inhalte sowie Datenschutzkonformität nachweisen. Das entscheidende dabei: Die Apps werden über eine Schnittstelle mit den Praxisverwaltungssystemen (PVS) des Unternehmens verbunden.
Ein Datenkanal für alle Apps
"Technisch kommunizieren wir über den CDA-Standard", erklärte Rico Tetmeyer, Abteilungsleitung Standards und Schnittstellen bei medatixx, auf der Gesundheits-IT-Messe conhIT in Berlin. CDA steht für Clinical Document Architecture und gilt im medizinischen Bereich als Standard für den Datenaustausch zwischen unterschiedlichen Systemen.
Hier nicht wieder verschiedene Daten-Schnittstellen zu entwickeln war für das Unternehmen aus verschiedenen Gründen wichtig: Zum einen können sich die App-Entwickler so auf einen Standard einstellen. Damit können verschiedenste Health-Apps problemlos in den medatixx-AppPoint aufgenommen werden. Zum anderen können sich – theoretisch – so auch andere Praxis-EDV-Anbieter an den AppPoint andocken.
Die Daten werden von der App in die Praxissoftware immer verschlüsselt und eben strukturiert (statt in willkürlichem Format) transportiert. Als Datenmittler fungiert die medatixx-eigene Patientenservice-App x-patient. Über sie wird die sichere Verbindung zur Praxissoftware aufgebaut.
QR-Code identifiziert den Patienten
Dabei entscheidet der Arzt, welcher Patient ihm Daten übermitteln kann und aus welchen Apps heraus dies geschehen soll. Der Patient kann den Arzt also nicht mit Daten zuspammen. Um das Patienten-Smartphone eindeutig der jeweiligen Karteikarte in der Praxissoftware zuordnen zu können, wird ein QR-Code generiert. "Die Praxis gibt dem Patienten, den sie mit der Arztsoftware verbinden will, den QR-Code mit", erläuterte medatixx-Vertriebsleiter Michael Schober. Dieser scanne den Code über die x.patient-App mittels der Smartphone-Kamera ein – und schon könnten die Datenströme fließen.
Die Entscheidung liegt beim Arzt
Der Software-Anbieter hat einen zusätzlichen Sicherheitspuffer eingebaut, um zu verhindern, dass zu viele Daten in der Praxis auflaufen. Alle Infos laufen erst einmal in einer Art Postfach, der Kommunikationssuite, ein. Der Arzt kann dann entscheiden, welche Daten in die elektronische Karteikarte eingespielt werden. Das ist auch hilfreich, weil Patienten über die App x.patient Wiederholungsrezepte bestellen oder direkt mit dem Praxisteam via Chatfunktion kommunizieren können.
Derzeit hat medatixx zwei Health-Apps an seine Praxis-EDV-Systeme angebunden: Preventicus Heartbeats für Patienten mit Herzrhythmusstörungen und die App M-sense von Newsenselab für Migränepatienten, die unter anderem ein Migränetagebuch beinhaltet. Außerdem befindet sich mit ARYA, einer Smartphone-Anwendung zur Früherkennung und Unterstützung von Patienten mit Depressionen, eine weitere Health-App bereits in der Umsetzung.
Laut Schober setzt der Software-Anbieter vor allem auf Indikationsgebiete, die den Ärzten auch einen Mehrwert in der Behandlung bringen. Das sei vor allem bei Anwendungen für chronisch kranke Patienten der Fall. Schober: "Wir stehen hier in engem Austausch mit den Ärzten."
Nur geprüfte Apps
Die Bewertung der Apps nimmt medatixx allerdings nicht alleine vor. Hier setze man als Partner auf den Berliner Flying Health Incubator. Die Ideen-Schmiede unterstützt Start-ups dabei, digitale Diagnose- und Therapieanwendungen zur Marktreife zu bringen und zählt neben der medatixx auch etwa die Barmer und die Sana Kliniken zu ihren Partnern. Mitbegründer ist zudem Dr. Markus Müschenich, der Kinderarzt und Gesundheitswissenschaftler ist auch Vorstandsmitglied im Bundesverband Internetmedizin und setzt sich seit Jahren für qualitative E-Health-Anwendungen ein.
Kein Wunder also, dass die App Preventicus ein CE-zertifiziertes Medizinprodukt ist, das übrigens – in der Premium-Version – erlaubt, einen PDF-Report zu den Pulskurven des Patienten direkt aus der App heraus zu erzeugen und an die Praxissoftware zu übermitteln.
Zwei Apps machen den Start
» M-sense: Die Migräne-App enthält ein Tagebuch, in dem Patienten Einflussfaktoren ihrer Migräne-Attacken und die Attacken selbst festhalten können. Außerdem wird ein auf den Patienten abgestimmter Therapieplan mit Entspannungsübungen geboten. https://m-sense.de/
» Preventicus: Die App wurde gemeinsam mit Kardiologen entwickelt und erlaubt bei Herzrhythmusstörungen die Pulsaufzeichnung per Smartphone-Kamera. http://preventicus-heartbeats.com/
Der medatixx-AppPoint: https://apppoint.medatixx.de/