PKV-Diagnose
Zukunft nur mit Digitalisierung und Kooperation
Der Demografiewandel und der medizinisch-technische Fortschritt sorgen für erheblichen Kostendruck in der PKV. Die Branche solle nicht an der Beitragsschraube drehen, sondern ihr Leistungsmanagement optimieren, mahnt ein PKV-Chef.
Veröffentlicht:DORTMUND. Eine der zentralen Herausforderungen für die privaten Krankenversicherer (PKV) wird es sein, den kontinuierlichen Anstieg der Leistungsausgaben abzufedern, erwartet der Vorstandsvorsitzende der Signal Iduna Ulrich Leitermann. "Wir müssen dringend an das Thema Kosten und Leistungsausgaben mit dem die Ziel, die Beiträge stabil zu halten", sagte Leitermann bei der Fachkreistagung Krankenversicherung der Vereinigung der Versicherungs-Betriebswirte in Dortmund. "Wir sehen einen erheblichen Handlungsdruck, und er wird noch größer werden."
Neben der demografischen Entwicklung sei vor allem der medizinisch-technische Fortschritt für den Kostendruck in der PKV verantwortlich. Auf die Entwicklung könnten die Unternehmen nicht nur mit Beitragserhöhungen reagieren. "Dieses Spiel ist endlich, die Versicherten kommen in einen Grenzbereich, in dem sie sich die Beiträge nicht mehr leisten können."
Mehr Steuerungsmacht gefordert
Die Leistungsausgaben sieht Leitermann als den wichtigsten Hebel, um Beitragsstabilität zu erreichen. "Wir brauchen ein professionelleres Management unserer Leistungsausgaben, bessere Verhandlungen mit den Leistungsanbietern und mehr Steuerungsmacht gegenüber den Leistungsanbietern", forderte er. Das erfordere Investitionen.
Deshalb hält Leitermann es für sinnvoll, dass PKV-Unternehmen in diesen Bereichen kooperieren. Die Signal Iduna Kranken – der fünftgrößte Anbieter im Markt – ist an der Leistungsmanagementgesellschaft LM+ beteiligt, ebenso an Med X, einer Gesellschaft für medizinische Expertise etwa für das Case Management, und dem Technologie-Unternehmen SDA SE.
"Kooperationen sind das Zukunftsmodell für die PKV", sagte auch Thomas Soltau, Geschäftsführer der LM+ Leistungsmanagement GmbH, an der neben Signal Iduna Barmenia, Gothaer und Hallesche beteiligt sind. "Sie sind ein strategischer Ansatz, um die Leistungsausgaben zu stabilisieren und die Zukunft des Geschäftsmodells zu gewährleisten."
Die Zusammenarbeit bei LM+ konzentriert sich auf den Leistungsbereich, betonte Soltau. Im Vertrieb blieben die Gesellschafter Wettbewerber. Ein Ziel des Unternehmens ist es, bessere Versorgungskonzepte für die Versicherten zu entwickeln, etwa über die Zusammenarbeit mit Netzwerken von Leistungserbringern. Ein weiteres Tätigkeitsfeld ist die Bündelung der Nachfragemacht beim Einkauf. Diese und weitere Dienstleistungen bietet LM+ auch PKV-Unternehmen an, die keine Gesellschafter sind.
Die Anbieter müssten vom Kostenerstatter zum Gesundheitsdienstleister werden, sagte Signal Iduna-Chef Leitermann. Die Kunden erwarteten je nach Lebenslage ein vielfältiges Angebot, etwa Informationen, die Begleitung durch Experten oder die Unterstützung im Pflegefall. "Der reine Versicherungsaspekt tritt mehr und mehr in den Hintergrund." Gerade bei den Dienstleistungen rund um das eigentliche Versicherungsgeschäft seien Kooperationen sinnvoll.
Versicherte erwarten Tempo
Die PKV-Unternehmen sollten die Wucht der Digitalisierung nicht unterschätzen und sich aktiv an der Entwicklung beteiligen, mahnte der Signal Iduna-Chef. Sie könnten von den Start-ups im Versicherungsbereich lernen, den sogenannten Insurtechs. "Wenn wir nicht schneller werden und unseren Mitarbeitern klar machen, dass wir uns verändern, dann werden wir das Spiel verlieren."
Die neuen technischen Möglichkeiten veränderten die Erwartungen der Versicherten. "Wenn der Kunde in wenigen Sekunden die Rechnung übertragen kann, hat er wenig Verständnis dafür, dass er vier Wochen aufs Geld warten muss." Gleichzeitig müssten die Mitarbeiter auch Kunden adäquat bedienen, die sich noch per Brief an das Unternehmen wenden.
Die Bedeutung von digitalen Plattformen wird in der PKV zunehmen, erwartet Leitermann. Auch dafür sei die Zusammenarbeit der Anbieter notwendig. "Ich bin sicher, dass wir mehr Kooperationen sehen und damit erfolgreich sein werden."