Infektiöse Diarrhö
Größte Gefahr bei Diarrhö geht von der Dehydratation aus
Die akute infektiöse Diarrhö ist weltweit eine der häufigsten Erkrankungen; Morbidität und Mortalität sind am stärksten bei Kindern und älteren Menschen ausgeprägt, erläutert Dr. Roger Vogelmann vom Klinikum rechts der Isar der TU München in seiner CME-Fortbildungseinheit "Infektiöse Diarrhö".
Bei Patienten mit infektiöser Diarrhö bestehe die Herausforderung für den behandelnden Arzt darin, zu erkennen, wann eine zielgerichtete Therapie notwendig ist, so der Experte.
Als Diarrhö wird eine Zunahme des Wassergehalts, der Menge oder der Frequenz des Stuhls bezeichnet. In epidemiologischen Studien wird Durchfall als mehr als 3 Stühle pro Tag mit einer verminderten Stuhlkonsistenz (etwa weich oder flüssig) definiert. Durchfall für weniger als 14 Tage gilt als akut, für mehr als 14 Tage als persistierend.
Unterschied zwischen entzündlich und nichtentzündlich
Hilfreich für eine gezielte Diagnostik und Therapie ist die Einteilung der infektiösen Diarrhö in nichtentzündlich und entzündlich. Bei der nichtentzündlichen Form wirken die Erreger auf das Darmepithel ein, dringen dabei aber nicht oder nur wenig in den Organismus ein.
Bei der entzündlichen Form dringt der Erreger tief in die Darmschleimhaut ein und löst dabei eine lokale und meist auch systemische Entzündungsreaktion aus. Zur Unterscheidung wird das klinische Erscheinungsbild herangezogen.
Drei klinische Hinweise, die für eine entzündliche Erreger- bedingte Durchfallerkrankung sprechen, sind:
- Fieber,
- Tenesmen / Bauchschmerzen,
- blutiger Stuhl.
Die Grenze zwischen beiden Formen ist fließend, denn manche Erreger können je nach Schweregrad der Infektion klinisch als nichtentzündlich oder entzündlich imponieren.
Die wichtigsten Anhaltspunkte für eine korrekte Diagnose liefern eine ausführliche Anamnese und die klinischen Zeichen. So sollte nach verzehrten Nahrungsmitteln, sozialem Umfeld, Auslandsaufenthalten, Antibiotikatherapien, Sexualverhalten und Begleiterkrankungen gefragt werden. Auch lokale Häufungen von Erreger-bedingten Diarrhöen und die Jahreszeit gilt es zu beachten.
Bei der klinischen Beurteilung ist die Einschätzung des Dehydratationszustands von großer Bedeutung. Tachykardie, (orthostatische) Hypotonie und Vigilanzminderung sprechen neben den klassischen Zeichen einer Dehydratation (trockene Zunge, stehende Hautfalten, verzögerte Kapillarfüllung) für ein fortgeschrittenes Stadium.
Bei der klinischen Beurteilung sind Zeichen für eine invasive, entzündliche Diarrhö sehr wichtig.
Größte Gefahr: Dehydration
Die größte Gefahr bei einer infektiösen Diarrhö geht von der Dehydratation aus. Bei der stationären Behandlung ist es vielfach üblich, den Flüssigkeitshaushalt durch eine intravenöse Therapie auszugleichen. Eine kostengünstige Alternative hierzu ist die orale Rehydratation durch eine Wasser-Salz-Glukose-Lösung. Sofern sie durchführbar ist, ist sie der intravenösen Therapie vorzuziehen.
Bei Verdacht auf eine invasiv-entzündliche Diarrhö ist die Analyse von Stuhlkulturen auf Bakterien und gegebenenfalls auf Shigatoxin und EHEC indiziert.
Auf eine empirische Antibiotikatherapie sollte in den meisten Fällen verzichtet werden, außer bei klinischem Verdacht auf eine ambulant erworbene invasiv-entzündliche Diarrhö , bei Risikopatienten, bei nosokomialer Clostridium-difficile-Infektion und bei Reisediarrhö. (otc)
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