„Zertifikat gültig“ – oder nicht?

Fake-Impfzertifikate: Schwachstellen könnten Arztpraxen oder Apotheken sein

Vermehrt kursieren gefälschte, app-gängige Corona-Impfzertifikate. Womöglich kämen Umberechtigte an die privaten Schlüssel für das Verschlüsselungssystem Fido, spekulieren IT-Kenner – und sehen nur eine Lösung.

Veröffentlicht:
Echt oder illegal erworben – beim digitalen Impfnachweis stellt sich die Frage derzeit immer öfter in Europa, seit Fake-Zertifikate im Aufwind sind.

Echt oder illegal erworben – beim digitalen Impfnachweis stellt sich die Frage derzeit immer öfter in Europa, seit Fake-Zertifikate im Aufwind sind.

© Michael Bihlmayer / CHROMORANGE / picture alliance

Berlin. Die gefälschten digitalen Impfzertifikate, die derzeit mit gültigen Signaturen im Internet kursieren, könnten nach Einschätzung von Fachleuten auf Sicherheitslücken in Arztpraxen oder Apotheken zurückzuführen sein. Möglicherweise sei es Unberechtigten dort gelungen, an die privaten Schlüssel für das Verschlüsselungssystem Fido zu gelangen, sagte am Donnerstag Thomas Uhlemann von der Sicherheitsfirma Eset.

Nach Angaben des Sicherheitsexperten werden gefälschte Impfzertifikate mit technisch gültigen Signaturen im Darknet für rund 300 Euro angeboten. Damit könnten Personen, die nicht gegen Covid-19 geimpft wurden, einen scheinbar gültigen Impfpass auf dem Smartphone vorzeigen. „Die Signaturen dieser Schlüssel werden als gültig erkannt“, so Uhlemann. „Damit kann man beliebige Zertifikate für das jeweilige Land ausstellen.“

Sicherheitsexperte Rüdiger Trost von der Firma F-Secure verweist auf Ankündigungen, die Schlüssel zu leaken. „Dann könnte sich jeder ein Zertifikat ausstellen. Ab diesem Zeitpunkt funktioniert das System nur noch dann, wenn neue Schlüssel erzeugt werden und die alten – und zwar ausnahmslos sämtliche alte – als „nicht mehr vertrauenswürdig“ klassifiziert werden.“

Deutsche App erkennt Fälschung nicht

Die Fake-Zertifikate waren zuerst in Italien aufgetaucht. Dort stehen die Impfnachweise im Zentrum einer hitzig geführten politischen Debatte. Der „Grüne Pass“ – ein Corona-Pass mit ausdruckbaren oder digitalen Nachweisen einer Corona-Impfung – ist nach einem Beschluss der Regierung seit Mitte Oktober nötig, um zur Arbeit gehen zu dürfen. Der nun aufgetauchte Fake-Impfpass wurde aber nicht nur von dem System des italienischen „Grünen Passes“ als gültig angezeigt, sondern auch von der offiziellen deutschen App „CovPass Check“.

In Italien wurde die Gültigkeit der Schlüssel noch am Mittwoch zurückgezogen. Aktuelle Checks in Deutschland zeigten jedoch auch am Donnerstagnachmittag die volle Gültigkeit an. „Das kann verheerende Folgen haben, insbesondere wenn es schnell gehen muss“, warnte Uhlemann.

Bei Überprüfungen im öffentlichen Raum, wie etwa am Flughafen oder der Einlasskontrolle von Clubs, werde in der Praxis „selten bis nie der Personalausweis von der zeigenden Person verlangt“. Stattdessen wird sich darauf verlassen, dass das scannende Gerät „Zertifikat gültig“ anzeigt.

F-Secure-Experte Trost: „Es gibt eigentlich nur eine saubere Lösung: Alle Impfzertifikate müssen zurückgezogen werden.“ Dann müsse allerdings jeder erneut in die Apotheke gehen und sich ein neues Zertifikat ausstellen lassen. (dpa)

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema
Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

© Viacheslav Yakobchuk / AdobeStock (Symbolbild mit Fotomodellen)

Springer Pflege

Umgang mit Multimorbidität in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
COVID-19 in der Langzeitpflege

© Kzenon / stock.adobe.com

Springer Pflege

COVID-19 in der Langzeitpflege

Anzeige | Pfizer Pharma GmbH
Kommentare
Carl Billmann, Leiter der Stabsstelle IT, Marketing & Kommunikation bei BillmaMED, Medizinstudent mit dem Berufsziel Dermatologe.

© Doctolib

Interview

„Am Empfang haben wir Stress rausgenommen“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Die Patientin tippt ihre Nachricht ins Smartphone, das Praxisteam antwortet direkt über
den Desktop. So sind Vereinbarungen über ein E-Rezept oder eine Befundmitteilung vom Facharzt schnell übermittelt.

© [M] Springer Medizin Verlag | Foto: A_B_C / stock.adobe .com

Digitale Patientenkommunikation

„Das Potenzial für die Zeitersparnis ist riesig“

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Verbesserter Herzschutz

Influenza-Impfraten erhöhen: So geht’s!

Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger