Wenig Hormone, viel Bewegung: wenig Krebs
Etwa 30 Prozent aller Brustkrebserkrankungen nach der Menopause ließen sich durch mehr Bewegung und den Verzicht auf eine Hormonersatztherapie vermeiden.
Veröffentlicht:HEIDELBERG. Frauen in den Wechseljahren, die sich wenig sportlich betätigen und längerfristig Hormonpräparate einnehmen, steigern ihr Brustkrebsrisiko um etwa 30 Prozent. Dies haben Epidemiologen am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg errechnet.
Nach den Ergebnissen aus der MARIE*-Studie mit knapp 10.000 Frauen ist die Hormonersatztherapie der stärkste Faktor unter den vermeidbaren Risiken.
So seien 19,4 Prozent der Fälle von invasivem Brustkrebs nach den Wechseljahren auf die Einnahme von Hormonpräparaten zurückzuführen. Bei Frauen mit einem Hormonrezeptor-positivem Mammakarzinom liegt dieser Wert sogar bei gut 25 Prozent.
Kommen zwei Risikofaktoren zusammen, also die Einnahme von Hormonpräparaten plus mangelnde Bewegung, addiert sich das Brustkrebsrisiko auf knapp 38 Prozent.
Dabei steigt das Risiko mit der Einnahmedauer der Hormone und ist bereits nach zwei Jahren deutlich erhöht, wie die Epidemiologin Professor Jenny Chang-Claude vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) der "Ärzte Zeitung" sagte.
Sie hat die Studie zusammen mit Privatdozentin Karen Steindorf am DKFZ und Professor Dieter Flesch-Janys vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt.
Nutzen und Risiken einer Hormonersatztherapie müssten genau abgewogen werden, folgert die Wissenschaftlerin aus den vorliegenden Studiendaten.
Präparate zur Hormonersatztherapie sollten nur bei entsprechenden Beschwerden und nicht über lange Zeit eingenommen werden: "Auf keinen Fall sollten sie als Lifestyle-Medikamente betrachtet werden", betonte Chang-Claude.
In der MARIE-Studie wurden Lebensstilfaktoren wie die Hormonersatztherapie, körperliche Aktivität, Übergewicht und Alkohol bei 3074 Patientinnen in der Postmenopause mit Brustkrebs und 6386 Frauen in der Kontrollgruppe ins Visier genommen.
Anhand der vorliegenden Daten wurde der Anteil an Brustkrebserkrankungen berechnet, der sich auf einen bestimmten Risikofaktor oder auf eine Kombination mehrerer Risikofaktoren zurückführen lässt. In die Untersuchung sind Frauen aus dem Hamburger und Heidelberger Raum einbezogen worden.
Die Hormonersatztherapie und mangelnde körperliche Bewegung hatten sich als stärkste Risikofaktoren für Brustkrebs herauskristallisiert. Alkoholkonsum und Übergewicht zeigten hingegen einen geringeren Einfluss auf dieses Krankheitsrisiko.
Das bedeute aber nicht, dass die Reduktion von Alkoholkonsum und Übergewicht zu vernachlässigen seien, betonte die Epidemiologin vom DKFZ.
Die Expertin aus Heidelberg vermutet jedoch, dass zum Beispiel die Bedeutung des Übergewichts im Brustkrebsgeschehen bei deutschen Frauen nicht so ausgeprägt ist wie in den USA, wo es bekanntlich viele stark übergewichtige Frauen gebe.
Wer sich also viel bewegt, dürfe ruhig ein paar Pfunde mehr haben, so die Schlussfolgerung der Forscherin. Aus früheren Ergebnissen der MARIE-Studie wisse man inzwischen, dass regelmäßige moderate körperliche Bewegung am besten zur Risikoreduktion des Mammakarzinoms geeignet sei.
*MARIE steht für: Mammakarzinom- Risikofaktoren-Erhebung