Prävention à la Mittelmeer

Die Extraportion Öl macht's

Auch ohne Sportprogramm und Gewichtsabnahme senkt eine Mittelmeer-Diät das Risiko, an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Entscheidend ist dabei offenbar die Extraportion Olivenöl.

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Viel frisches Gemüse und Obst sowie Fisch und Olivenöl kennzeichnen die Mittelmeerdiät.

Viel frisches Gemüse und Obst sowie Fisch und Olivenöl kennzeichnen die Mittelmeerdiät.

© viperagp / fotolia.com

REUS. Wie lässt sich mit gesunder Ernährung Diabetes mellitus vorbeugen? Das haben Spanische Präventionsmediziner um Jordi Salas-Salvadó untersucht. An ihrer Studie zur ernährungsbasierten Diabetesprävention nahmen mehr als 3500 Probanden im Alter von 55 bis 80 Jahren teil (Ann Intern Med. 2014; 160: 1).

Unter den Teilnehmern waren keine Diabetiker, doch jeder der Probanden hatte mindestens drei kardiovaskuläre Risikofaktoren (wie Rauchen, Hypertonie, Hypercholesterinämie, niedriges HDL-Cholesterin, Übergewicht oder frühe KHK in der Familienanamnese). Nach dem Zufallsprinzip wurden die Teilnehmer in drei Gruppen aufgeteilt:

Gruppe 1 (1154 Probanden) ernährte sich nach den Vorgaben der Mittelmeerdiät: 35 bis 40 Prozent der Nahrungsenergie stammte aus Fett, speziell aus pflanzlichen Quellen, reich an Olivenöl und Nüssen.

Der Anteil an Milchprodukten war gering. Es wurde mäßig viel Alkohol konsumiert, besonders Wein. Die Gerichte hatten häufig Soßen aus Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen. Dazu gab es einen täglichen Zuschlag von 50 ml Olivenöl nativ extra (extra vergine).

Gruppe 2 (1240 Probanden) aß und trank wie Gruppe 1, erhielt jedoch als täglichen Zuschlag kein Öl, sondern 30 g Nüsse: 15 g Walnüsse, 7,5 g Mandeln und 7,5 g Haselnüsse,

Gruppe 3 (1147 Probanden) diente als Kontrollgruppe. Die Teilnehmer erhielten Empfehlungen für eine allgemein fettarme Ernährung, und statt irgendwelcher Zuschläge an Öl oder Nüssen bekamen sie Küchen- und Tafelgeschirr sowie Schürzen und Einkaufstaschen.

Die Untersuchung lief von Oktober 2003 bis Dezember 2010 unter regelmäßiger Kontrolle der Diätgewohnheiten der Probanden. Die mittlere Nachbeobachtungszeit betrug 4,1 Jahre. In dieser Spanne wurde bei 273 Probanden ein neu aufgetretener Diabetes diagnostiziert, 80 in Gruppe 1, 92 in Gruppe 2, 101 in Gruppe 3.

In einer multivariaten Analyse wurde abgeglichen nach dem Raucherstatus, dem Nüchternblutzucker, dem Vorliegen einer Dyslipidämie und Hypertonie, der Kalorienaufnahme, der Diättreue, der körperlichen Bewegung, dem Bildungsgrad und dem Alkoholkonsum.

Dabei ergab sich für das Ernährungsmuster von Gruppe 1, also Mittelmeer plus Olivenöl extra, eine Reduktion des Diabetesrisikos um 40 Prozent im Vergleich zur fettarmen Gruppe 3. Mittelmeer plus Nüsse senkten die Gefahr durchschnittlich um 18 Prozent, statistisch signifikant war das Ergebnis aber nicht.

Unterschiede zwischen den Gruppen in der Entwicklung des Körpergewichts, des Bauchumfangs oder im Ausmaß sportlicher Betätigung waren im Übrigen nicht festzustellen. (rb)

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Kommentare
Rudolf Hege 27.01.201414:11 Uhr

Nicht wirklich neu...

Die Ergebnisse der Studie bestätigen eine ganze Reihe von weiteren Studien, die alle zu dem Ergebnis kamen, dass fettarme Diäten (insbesondere in Verbindung mit erhöhter Aufnahme von Kohlenhydraten, wie sie die DGE immer noch empfiehlt) das Risiko für Adipositas und Diabetes eher steigern.

Es zeigt sich einmal mehr: Nicht das Fett macht fett...

Eine eher (pflanzen-)fettreiche, aber kohlenhydratarme und ballaststoffreiche Ernährung (wie z.B. die LOGI-Methode) scheinen für die moderne Lebensweise als Präventionsernährung am geeignetsten zu sein.

Lutz Hertel 27.01.201412:16 Uhr

Wo bleibt das kritische Bewusstsein?

Bei der zitierten Studie handelt es sich um eine Subanalyse von Daten der PREDIMED-Studie, in der Mittelmeerdiät mit angeblich fettarmer Kost verglichen wurde. In der Kontrollgruppe (fettarme Kost) betrug der relative Anteil der täglich durch Fett konsumierten Kalorien 37%. Keine der internationalen medizinischen Fachgesellschaften würde das als eine fettarme Kost bezeichnen. Sie dürfte höchsten bei 30 Kalorienprozent liegen, besser noch darunter, wie z.B. bei der in den USA fachlich am höchsten bewerteten und in Deutschland leider völlig zu Unrecht diskreditierten Herzdiät von Ornish (10% Fettkalorien).

Hier wurde also mitnichten eine Mittelmeerkost mit einer fettarmen Kost verglichen. Außerdem bemühten sich die Studienleiter darum, dass sich die Probanden der Kontrollgruppe im Vergleich zur Versuchsgruppe in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko so schädlich wie möglich ernährten (siehe Originalveröffentlichung im NEJM). So dürften Unterschiede zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe niemanden verwundern. Betrachtet man die Ergebnisse genauer, so gab es im Vergleich der Versuchs- und Kontrollgruppe aber nicht einmal signifikante Unterschiede in Bezug auf Herzinfarkte, Tod durch kardiovaskuläre Ereignisse oder Gesamtsterblichkeit. Lediglich in Bezug auf den Endpunkt "Tod durch Schlaganfall" konnte ein signifikanter Unterschied festgestellt werden.

Es verwundert nicht, dass eine Suche nach anderen statistischen Zusammenhängen folgt und wer ein wenig Statistikverständnis hat oder selbst forschend tätig ist, der weiß auch: Wer lang genug im Nachhinein sucht, der findet.

Es sei warnend auf die Dubiosität solcher Studien und der aus ihr abgeleiteten Subanalysen - auch aus anderen Gründen - hingewiesen. Einzelheiten zu den "Schönheitsfehlern" finden sich unter anderem hier:
http://www.spiegel.de/gesundheit/ernaehrung/mediterrane-ernaehrung-fuehrt-zu-weniger-schlaganfall-und-herzinfarkt-a-885583.html

Wo bleibt das kritische Bewusstsein der Medizin-Journalisten, der Fachredaktionen und der medizinisch vorgebildeten Leser/innen? Warum wird alles unkritisch bejubelt, was mit "mediterran" oder "Mittelmeer" in Verbindung steht? Warum werden begründete Zweifel und Limitierungen in der Berichterstattung unterschlagen? Dies ist nicht die erste Veröffentlichung dieser Art und ich befürchte, dass auch weiterhin unkritisch publiziert und kolportiert wird.

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